Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwaltungsakt, Fahrzeug, Berufung, Genehmigungsverfahren, Auslegung, Genehmigung, Sittenwidrigkeit, Schadensersatzanspruch, Darlegungslast, Anspruch, Umfang, Vertragsschluss, Betrieb, Berufungsverfahren, Einholung eines Gutachtens, bei Betrieb, unrichtige Angaben

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 08.09.2020; Aktenzeichen 10 O 738/20)

 

Nachgehend

OLG Nürnberg (Beschluss vom 17.03.2021; Aktenzeichen 5 U 3310/20)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 08.09.2020, Az. 10 O 738/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die übrigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO erfüllt sind.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat mit Vertrag vom 21.10.2014 von der Beklagten ein gebrauchtes Kraftfahrzeug Mercedes Benz C 220 T CDI zum Preis von 29.022,00 EUR erworben. Die Beklagte ist auch die Herstellerin des Fahrzeuges. Dieses ist mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 ausgestattet und nach der Schadstoffklasse Euro 5 zugelassen. Es ist nicht Gegenstand eines Rückrufes des Kraftfahrtbundesamtes. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises - abzüglich einer Nutzungsentschädigung - in Anspruch, weil das Fahrzeug mit einer gemäß Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sei, und zwar in Form eines sog. thermischen Fensters der zur Verringerung der Stickoxid-Emission vorhandenen Abgasrückführung. Die Wirksamkeit dieser Einrichtung werde - dies sei das Unzulässige hieran - in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur verringert, und zwar schon bei einstelligen Temperaturen (an anderer Stelle: schon unterhalb von 14°C), wodurch der Stickoxid-Ausstoß ansteige. Die Voraussetzungen, unter denen eine solche Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 Buchstabe a) der VO (EG) 715/2007 ausnahmsweise zulässig wäre, seien bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht erfüllt. Insbesondere sei die Reduzierung der Abgasrückführung nicht erforderlich, um den Motor vor einer Beschädigung zu schützen. Zwar bestehe für das Fahrzeug eine wirksame EG-Typgenehmigung, doch hätte diese nicht erteilt werden dürfen. Dem Kraftfahrtbundesamt sei die Abschalteinrichtung bei der Genehmigung verschwiegen worden. Das Fahrzeug sei deshalb mangelhaft, auch wenn das Kraftfahrtbundesamt bislang (noch) keine Maßnahmen ergriffen habe. Die Beklagte habe insoweit vorsätzlich gehandelt, weshalb sie der Klägerin wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hafte. Das von ihr angebotene "Software-Update" sei nicht geeignet, den Mangel zu beseitigen, da dessen Installation in verschiedener Hinsicht zu anderen Mängeln führen würde, insbesondere zu einem erhöhten Verschleiß der Abgasrückführungseinrichtung, einer stärkeren Beanspruchung des Dieselpartikelfilters sowie zu einer geringeren Dauerhaltbarkeit des Fahrzeuges. Der klägerische Anspruch werde auch auf § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV sowie auf §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB gestützt.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat geltend gemacht, für das streitgegenständliche Fahrzeug bestehe eine wirksame EG-Typgenehmigung mit Tatbestandswirkung; das Fahrzeug halte die geltenden NOx-Emissionsgrenzwerte ein, es verfüge auch nicht über eine Funktion, durch die der Prüfstand erkannt und der Stickoxid-Ausstoß manipulativ lediglich für die Zwecke des Typgenehmigungsverfahrens gezielt reduziert werde. Die parameterabhängige Steuerung der Abgasrückführung sei nicht unzulässig, zumindest habe die Beklagte bei der Auslegung dieser Einrichtung auf der Grundlage eines wenigstens vertretbaren Normverständnisses gehandelt. Die Klägerin habe eine unzulässige Abschalteinrichtung schon nicht substantiiert vorgetragen. Etwaige Ansprüche seien zudem verjährt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe weder substantiiert dargelegt noch bewiesen, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut sei. Somit habe sie auch nicht über das Vorhandensein einer solchen Einrichtung getäuscht werden können. An die Entscheidung des Kraftfahrtbundesamtes, die Typgenehmigung zu erteilen, seien die Zivilgerichte gebunden. Im Ergebnis könne dahinstehen, ob eine unzulässige Abschalteinrichtung in dem streitgegenständlichen Fahrzeug vorhanden sei. Ein vorsätzliches Handeln sei von der Klägerin nicht ausreichend dargelegt. Nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Beklagte im Vertrauen auf die rechtliche Zulässigkeit des sog. Thermofensters gehandelt habe.

Mit der Berufung macht die Klägerin, die ihre ursprünglichen Anträge weiter verfolgt, insbesondere geltend, das in dem Fahrzeug vorhandene sog. Thermofenster sei exakt auf die Prüfbedingungen im "Neuen Europäischen Fahrzyklus" (NEFZ) abgestimmt, insbesondere auf die für die...

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