Leitsatz (amtlich)
Ein Segler, der im Rahmen einer Segelwettfahrt ein anderes Boot beschädigt, kann sich grundsätzlich nicht auf einen Haftungsausschluss nach den Grundsätzen der Inkaufnahme von Schädigungen bei Sportveranstaltungen berufen. Nicht entschieden ist dies für Schäden an der Wendemarke.
Gründe
I.
Der Senat gibt dem Beklagten folgenden Hinweis.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, weil er davon überzeugt ist, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung nicht erfordern.
Die Feststellungen des Schifffahrtsgerichts zum Sachverhalt werden vom Beklagten nicht angefochten. Es kann daher auf die Feststellungen im Urteil vom 28.06.2006 verwiesen werden.
Der Beklagte wendet sich gegen die Rechtsanwendung durch das Schifffahrtsgericht. Er ist der Auffassung, dass ein Haftungsausschluss anzunehmen ist, weil beide Boote an einer Regatta teilgenommen haben. Falls doch kein Haftungsausschluss greift, sei die Mithaftungsquote von 15 % zu niedrig bemessen, sie müsse mindestens 50 % betragen.
Ein Haftungsausschluss kommt hier nicht in Betracht.
Ein Teilnehmer einer Sportveranstaltung muss Schäden durch andere Teilnehmer des Wettstreits nur dann in Kauf nehmen, wenn es sich um Wettkämpfe mit nicht unerheblichem Gefahrpotential handelt, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Wettkampfregeln oder bei nur geringfügiger Regelverletzung die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht. Den Teilnehmern an derartigen Sportveranstaltungen sind die mit dem Wettkampf verbundenen Gefahren und Risiken bewusst. Sie wissen auch, dass es mehr oder weniger vom Zufall abhängt, ob sie Schädiger oder Geschädigte einer sich typischerweise realisierenden Gefahr dieser Sportart sind. Es widerspräche Treu und Glauben, wenn ein Geschädigter dann den Schädiger für solche Schäden in Anspruch nehmen würde (BGH NJW 2003,2018).
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in seiner vom Beklagten zitierten Entscheidung vom 19. März 2004 - Az. 23 U 6/03 BSch - im Leitsatz ausgeführt, dass die oben zitierten Grundsätze zur Inkaufnahme von Schädigungen auf Segelregatten übertragbar sind (NJW-RR 2004,1257). Während das Oberlandesgericht Nürnberg in der Entscheidung vom 28. Juni 2004 - Az. 8 U 202/03 BSch - im Orientierungssatz festhält, dass im Falle von Kollisionen bei Segelregatten keine Haftungsfreistellung in Betracht kommt. Diese zunächst widersprüchlichen Ergebnisse sind erklärbar durch unterschiedlich Fallgestaltungen, die den beiden Entscheidungen zu Grunde lagen.
Der Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe spielte sich an der Wendemarke ab. An diesen Punkten kann sich das Regattafeld verdichten, - sofern das Teilnehmerfeld vor der Wendemarke noch eng beieinander liegt - weil alle an der Regatta teilnehmenden Boote die Wendemarke nehmen müssen und aus Zeitgründen dies möglichst eng tun wollen. Hier entsteht dann Platznot und ein wettkampfartiges Gedränge. Neben der Bootsdichte, die es zu beachten gilt, sind die Besatzungen mit der Vorbereitung oder Durchführung der notwendig werdenden Segelmanöver beschäftigt. Der Schiffsführer muss aufmerksam andere Boote unter vorfahrtsrechtlichen und regattatechnischen Gesichtspunkten beobachten und er hat auf engsten Raum schnell zu reagieren. Deshalb ist es nicht ganz selten, dass es dabei zu Bootsberührungen und möglichen Schäden an den Booten kommt.
Einen ganz anderen Fall hatte das Oberlandesgericht Nürnberg zu entscheiden. Die Kollision ereignete sich nicht im dichten Gedränge an einer Wendemarke, sondern auf freier Regattabahn. Der Ausweichpflichtige war zwar im "Wettkampf, hatte aber genügend Raum und Zeit, um seiner Ausweichpflicht zu genügen. Er hätte in Ruhe den Konkurrenten beobachten können, seine Entscheidung treffen, wie er ihm Vorfahrt gewähren will, und dann das Ausweichmanöver durchführen können. Es war eine Situation, wie sie jeder Segler, auch wenn er nicht an einer Regatta beteiligt ist, erlebt und im Regelfall bewältigt. Es war gerade nicht so, wie vom BGH a.a.O. beschrieben. In dieser Phase der Regatta bestand keine Gefahr, dass sich Segler typischerweise gegenseitig einen Schaden zufügen, auch wenn sie die Wettkampfregeln einhalten oder sie nur geringfügig verletzen. Es bedurfte erheblicher Unachtsamkeit des ausweispflichtigen Seglers, um den Schaden zu verursachen. Deshalb hat das Oberlandesgericht Nürnberg zu Recht die Grundsätze zur Inkaufnahme von Schädigungen bei regelgerechtem Wettkampf zumindest für diese Regattasituation nicht übernommen.
Ob diese Grundsätze für die Regattasituationen, wie sie dem Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu Grunde lag, übernommen werden können, muss hier nicht entschieden werden. Denn der hier zu beurteilende Fallereignete sich auf freier Regattabahn und gleicht dem oben beschriebenen Fall.
Beide Boote hatten die letzte Wendemarke gerundet und segelten abgeschlagen im...