Leitsatz (amtlich)
Befindet sich ein Ehepartner während der Ehezeit wegen einer Straftat in Haft, kann es gerechtfertigt sein, die während der Haft vom anderen Ehegatten erworbenen Rentenanwartschaften nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
Normenkette
BGB § 1587c Nr. 1
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Aktenzeichen 105 F 2541/00) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Endurteil des AG – FamG – Nürnberg vom 30.9.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien haben am 9.8.1996 geheiratet. Aus der Ehe sind die beiden Kinder M.M., geb. am … 1998, und R.M., geb. am … 1999, hervorgegangen.
Unter dem 25.8.2000 hat die Antragstellerin die Scheidung der Ehe beantragt. Der Antrag wurde dem Antragsgegner am 10.10.2000 zugestellt.
Seit Juni 1999 befindet sich der Antragsgegner wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern zunächst in Untersuchungs- und anschließend – nach einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung – in Strafhaft.
Die Antragstellerin hat in der Zeit vom 1.8.1996 bis 30.9.2000 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Deren Wert hat die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in einer am 12.32001 ggü. dem AG erteilten Auskunft mit 195,88 DM mitgeteilt.
Der Antragsgegner hat in dem genannten Zeitraum Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern/Oberpfalz erworben. Deren ausschließlich aus Beiträgen vor dem Juli 1999 beruhenden Wert hat die Landesversicherungsanstalt unter dem 23.4.2001 mit 36,85 Euro mitgeteilt.
Mit Endurteil vom 30.9.2002 hat das AG – FamG – Nürnberg
1. die Ehe der Parteien geschieden,
2. die elterliche Sorge für die Kinder der Antragstellerin übertragen und
3. den Versorgungsausgleich zwischen den Parteien
– ausgeschlossen, soweit die Parteien Versorgungsanwartschaften nach dem 30.6.1999 erworben haben und
– im Übrigen in der Weise geregelt dass es vom Versicherungskonto, der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern/Oberpfalz Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 16,13 Euro, bezogen auf den 30.9.2000, übertragen hat.
Es ist dabei davon ausgegangen, dass der Antragstellerin für die Zeit vom 1.8.1996 bis 30.6.1999 Anwartschaften von 135,18 DM monatlich zuzurechnen sind.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich in dem ihm am 7.11.2002 zugestellten Urteil des AG Nürnberg hat der Antragsgegner mit einem am 3.12.2002 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Rechtsmittel eingelegt und dieses sogleich begründet.
Er macht geltend, dass das AG den Versorgungsausgleich hinsichtlich der nach dem 30.6.1999 erworbenen Anwartschaften zu Unrecht ausgeschlossen habe.
Da er sich seit dieser Zeit in Haft befinde, habe er seit 1.7.1999 keinerlei eigene Anwartschaften erwirtschaften können. Deshalb und weil nicht absehbar sei, inwieweit er überhaupt noch in der Lage sein werde, nach seiner Entlassung aus der Strafhaft Rentenanwartschaften zu erwerben, sei er auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs im vollen Umfang angewiesen.
Er beantragt, die Entscheidung des AG Nürnberg zum Versorgungsausgleich aufzuheben und den Versorgungsausgleich über die gesamten während der Ehezeit der Parteien erworbenen Rentenanwartschaften durchzuführen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Entscheidung des AG zum Versorgungsausgleich nicht zu beanstanden ist.
1. Dies gilt zunächst für den vom Antragsgegner angegriffenen Ausschluss des Versorgungsausgleichs für die Zeit ab 1.7.1999, der auch nach Auffassung des Senates auf der Grundlage des § 1587c Nr. 1 BGB gerechtfertigt ist.
Nach dieser Vorschrift findet der Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insb. des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre.
Die Gründe für die „grobe Unbilligkeit” müssen dabei nicht notwendig im wirtschaftlichen Bereich liegen, sondern können auch in den persönlichen Verhältnissen der Ehegatten ihre Ursache haben (vgl. etwa OLG Celle v. 30.5.1980 – 10 UF 128/79, FamRZ 1980, 1032).
Mit dem Versorgungsausgleich soll insb. die soziale Lage des geschiedenen Ehegatten verbessert werden, der wegen in der Ehe übernommener anderer Aufgaben Einschränkungen in seiner Erwerbstätigkeit auf sich genommen und dadurch ehebedingte Nachteile in seiner versorgungsrechtlichen Situation erlitten hat.
Dieser Grundgedanke trifft schon dann nicht mehr zu, wenn die Nichtausübung einer versicherungspflichtigen...