Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Leitsatz (redaktionell)
Ein Schriftsatz, der alle formellen Anforderungen an eine Berufung oder eine Berufungsbegründung erfüllt, ist regelmäßig als wirksam eingelegte Prozesserklärung zu behandeln. Eine Deutung dahin, dass er gleichwohl nicht unbedingt als Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt ist, kommt nur dann in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt.
Normenkette
ZPO § 522 Abs. 1, § 517 S. 1, § 234 Abs. 1 S. 1, § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Erlangen (Beschluss vom 10.05.2007; Aktenzeichen 2 F 104/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des AG - FamG - Erlangen vom 10.5.2007 (Az.: 2 F 00104/06) wird als unzulässig verworfen.
II. Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens und des Wiedereinsetzungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 6.276 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt ihren Ehemann auf Zahlung von Trennungsunterhalt und Unterhalt für die drei ehelichen Kinder ..., in Anspruch.
Mit Endurteil vom 10.5.2007 hat das AG - FamG - Erlangen die Klage insgesamt abgewiesen. Diese Entscheidung ist der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich des in den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses am 9.7.2007 zugestellt worden.
Am 8.8.2007 gingen beim OLG Nürnberg zwei Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Klägerin jeweils vom 6.8.2007 ein. Der erste Schriftsatz enthält in der Überschrift einen "Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens". Der nachfolgende Text enthält das Rubrum und den Antrag, der Berufungsklägerin "für das beabsichtigte Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen unter Beiordnung der ...". In der Begründung dieses Schriftsatzes lässt die Klägerin vortragen, dass sie "beabsichtigt", gegen das Urteil des AG - FamG - Erlangen, Berufung einzulegen, weil sie nicht in der Lage sei, die Kosten des Berufungsverfahrens aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Hinsichtlich der Erfolgsaussichten verweist sie auf die als "Anlage" beigefügte Berufungsbegründung. Der weitere Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist mit "Berufung" überschrieben. An die Bezeichnung der Parteien schließt sich folgender Text an: "... legen wir im Auftrag der Klägerin und Berufungsklägerin gegen das am 10.5.2007 verkündete und am 9.7.2007 zugestellte Urteil des AG - FamG - Erlangen, Aktenzeichen: 002 F 00104/06 Berufung ein."
Danach folgen die Anträge und eine Begründung hierzu. Der Schriftsatz, dem eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt war, schließt mit der Unterschrift der Prozessbevollmächtigten.
Mit Verfügung vom 8.8.2007 übermittelte der Vorsitzende des Senats dem Beklagtenvertreter die beiden Schriftsätze, am 6.8.2007 zur eventuellen Äußerung bis 3.9.2007. Diese Verfügung wurde auch der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Kenntnisnahme übermittelt. Nach Eingang der Äußerung der Gegenseite die einen Antrag auf Zurückweisung des Prozesskostenhilfegesuchs beinhaltet und einer Erwiderung hierauf Seitens der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 17.10.2007 der Klägerin für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwältin ..., zu den Bedingungen einer ortsansässigen Rechtsanwältin ... beigeordnet. Dieser Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24.10.2007 zugestellt. Nach fernmündlichen Hinweis des Senatsvorsitzenden, dass die Frist für die Wiedereinsetzung und die Berufungseinlegung bereits abgelaufen sei, übermittelte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Schriftsatz vom 27.11.2007, in dem sie auf die "unbedingte" Berufungseinlegung und Begründung mit Schriftsatz vom 6.8.2007 hinweist und vorsorglich (nochmals) Berufung einlegt und beantragt, gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
II. Die Berufung der Klägerin ist gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt und begründet worden ist. Ebenso war ihr Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und der Berufungsfrist zurückzuweisen, da ihr das anwaltliche Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist der mit "Berufung" überschriebene Schriftsatz vom 6.8.2007 nicht als Berufungseinlegung und Begründung zu werten.
Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein Schriftsatz, der alle formellen Anforderungen an eine Berufung oder eine Berufungsbegründung erfüllt regelmäßig als wirksam einge...