Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe für Folgenvereinbarung. Gebühren des in einer Ehesache beigeordneten Rechtsanwalts. Erstreckung der Prozesskostenhilfebewilligung auf die Scheidungsfolgenvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

Es kann dahinstehen, ob der Begriff der "Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht" in § 48 Abs. 3 RVG dahin auszulegen ist, dass er auch die Verpflichtung zur Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück und zur Übernahme der mit dem Grundstück verbundenen Schulden umfasst; nach § 48 Abs. 4 S. 1 RVG ist der bedürftigen Partei die Prozesskostenhilfe auf Antrag nämlich auch für die Vereinbarung über weitere familienrechtliche Angelegenheiten zu gewähren, wenn sie im Zusammenhang mit der Ehesache stehen.

 

Normenkette

RVG § 48 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

AG Schwandorf (Beschluss vom 07.04.2009; Aktenzeichen 1 F 171/08)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Schwandorf vom 7.4.2009 - 1 F 171/08, abgeändert.

2. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Antragsgegnerin wird auf den Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung erstreckt. Der Antragsgegnerin wird Rechtsanwalt ..., auch insoweit als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.

 

Gründe

1. Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird die der Antragsgegnerin im Beschluss des AG - Familiengericht - Schwandorf vom 26.5.2008 für das Verfahren der Ehescheidung bewilligte Prozesskostenhilfe auf den Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung erstreckt.

Nach § 48 Abs. 3 RVG erstrecken sich die Prozesskostenhilfebewilligung und die Beiordnung des Prozessbevollmächtigten in einer Ehesache auf den Abschluss eines Vertrages im Sinn der Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses über die dort bezeichneten Folgesachen Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, elterliche Sorge, Umgangsrecht, Ehewohnung, Hausrat und eheliches Güterrecht. Auf die Anhängigkeit der entsprechenden Folgesachen und die Erfolgsaussicht etwaiger Anträge kommt es nicht an (Zöller/Philippi/ZPO, 27. Aufl., § 114 Rz. 47; GeroldSchmidt/Müller-Rabe/RVG, 18. Aufl., § 48 Rz. 28). Die Vorschrift bezweckt, der bedürftigen Partei den Abschluss einer Vereinbarung auch über familienrechtliche Folgesachen zu möglichen, die noch nicht rechtshängig sind.

Es kann dahinstehen, ob der Begriff der "Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht" in § 48 Abs. 3 RVG dahin auszulegen ist, dass er auch die Verpflichtung zur Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück und zur Übernahme der mit dem Grundstück verbundenen Schulden mit der Folge umfasst, dass sich die Prozesskostenhilfebewilligung schon kraft Gesetzes auf eine Vereinbarung darüber bezieht (so OLG Köln FamRZ 2005, 1851) oder damit nur Vereinbarungen über güterrechtliche Ansprüche im engeren Sinn gemeint sind. Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG kann der bedürftigen Partei die Prozesskostenhilfe auf Antrag nämlich auch für die Vereinbarung über weitere familienrechtliche Angelegenheiten gewährt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Ehesache stehen (Zöller/Philippi/ZPO, 27. Aufl., § 114 Rz. 47).

Die Vereinbarungen in Ziffer VI der beabsichtigten Scheidungsfolgenregelung stehen in einem engen Zusammenhang mit der Ehescheidung, da sie die Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten durch die Übertragung des Miteigentumsanteils des Antragstellers am Wohnhaus an die Antragsgegnerin, die Übernahme der Kreditverbindlichkeiten und die Freistellung des Antragsgegners durch die Antragsgegnerin betreffen, also Angelegenheiten, die anlässlich der Ehescheidung der Regelung bedürfen.

Die beabsichtigten Vereinbarungen sind inhaltlich aufeinander abgestimmt, insbesondere der Kaufpreisanspruch für den Miteigentumsanteil und der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, so dass anzunehmen ist, dass die Vereinbarung nicht ohne die Aufhebung des Miteigentums am Wohnhaus getroffen werden können. Eine Beschränkung der Prozesskostenhilfebewilligung auf einzelne Regelungsgegenstände ist unter diesen Umständen nicht durchführbar, denn sie würde den Abschluss der Vereinbarung über die Scheidungsfolgesachen insgesamt in Frage stellen.

Die Bedürftigkeit der Antragsgegnerin für die Prozesskosten hilf e ergibt sich aus deren Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

2. Eine Kostenentscheidung ist im Beschwerdeverfahren nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2211102

AGS 2009, 331

OLGR-Süd 2009, 684

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