Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Betriebsschaden bei Überfahren über Bodenschwelle
Leitsatz (amtlich)
Unfallschäden, in denen sich Risiken des gewöhnlichen Fahrbetriebs bei üblicher Verwendung des Fahrzeugs verwirklichen - wie das Aufsetzen auf einer Bodenschwelle - deckt die Vollkaskoversicherung als Betriebsschäden nicht.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 31.03.2016; Aktenzeichen 8 O 7495/15) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31.03.2016, Az. 8 O 7495/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Gründe
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei und mit zutreffenden Erwägungen Ansprüche des Klägers aus dem mit der Beklagten bestehenden Kraftfahrzeugversicherungsvertrag (hier: Vollkaskoschutz für Wohnmobil mit dem amtl. Kennzeichen ...) für nicht gegeben erachtet und deshalb folgerichtig die Klage als unbegründet abgewiesen.
Es wird zunächst Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die den Senat Ergänzend ist im Hinblick auf die Berufungsbegründung vom 01.06.2016 und das weitere Berufungsvorbringen aus dem Schriftsatz vom 11.10.2016 noch auszuführen:
1. Der Kläger hat weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen nur dann vor, wenn - aufgrund konkreter Anhaltspunkte - aus der Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle erneuter Tatsachenfeststellungen die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGHZ 158, 269 ff. = NJW 2004, 1876 ff.; BGHZ 162, 313 ff. = NJW 2005, 1583 ff.; BGH NJW 2003, 3480 ff.; OLG Bamberg, 13.11.2012, 5 U 66/12 Rn. 5-10 juris, r+s 2013, 573). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es ist daher von dem im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Sachverhalt auszugehen. Dieser rechtfertigt weder eine andere Entscheidung noch ist eine Rechtsverletzung vorgetragen, auf der die erstinstanzliche Entscheidung beruhen würde (§ 513 Abs. 1 ZPO).
2. Ohne Erfolg rügt die Berufung, dass das Überfahren der Bodenschwelle im Ortsbereich von E. M. auf der zu den Kanaren gehörenden Insel ... am 10.05.2015 gegen 23.00 Uhr einen bedingungsgemäßen Versicherungsfall darstelle und deshalb dem Kläger als geschädigtem Fahrzeugeigentümer Entschädigungsansprüche in eingeklagter Höhe (im Berufungsrechtszug noch 12.039,76 EUR) zustünden.
Das Erstgericht hat mit ersichtlicher Akribie und Sorgfalt die rechtlichen Voraussetzungen des Vorliegens eines "versicherten Unfallschadens" in Abgrenzung zu einem "nicht versicherten Betriebsschaden" dargestellt und dann die konkreten Einzelfallumstände (hierbei zugunsten des Klägers ausgehend von dessen Tatsachenvortrag) darunter subsumiert. Gegen die mit zahlreichen einschlägigen Belegstellen aus veröffentlichter Rechtsprechung und Kommentarliteratur versehenen Rechtsausführungen des Landgerichts hat die Berufung nichts Substanzielles vorzubringen. Explizit die von der Berufungsbegründung zitierte Entscheidung des OLG Stuttgart vom 22.06.2007 hat der Erstrichter im Rahmen seiner Urteilsbegründung ebenfalls herangezogen und mit berücksichtigt (vgl. EU S. 6 unten).
Für die hier streitentscheidende Frage des Vorliegens eines reinen "Betriebsschadens" ist es entgegen dem Berufungsvorbringen unerheblich, ob dem Kläger wegen schlechter Straßenbeleuchtungsverhältnisse, wegen fehlender Verkehrszeichen oder wegen schlecht erkennbarer Farbmarkierungen auf der Fahrbahn bei Dunkelheit der Vorwurf mangelnder Sorgfalt gemacht werden kann oder nicht. Ein zu erfüllender Verschuldensmaßstab ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalls.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. Hinsichtlich des Unfallbegriffs verdeutlicht die Voraussetzung "von außen" dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, dass der Gegenstand, von dem die auf das versicherte Fahrzeug wirkende mechanische Gewalt ausgehen muss, nicht Teil des...