Leitsatz (amtlich)
Setzt das Jugendgericht die Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt zur Bewährung aus (§ 7 JGG, §§ 63, 64, 67b StGB), so ist für Folgeentscheidungen § 58 JGG entsprechend anwendbar.
Dies gilt auch für die Möglichkeit, Folgeentscheidungen auf den Jugendrichter zu übertragen, in dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält (§ 58 Abs. 3 Satz 2 JGG).
Die Abgabe an diesen Jugendrichter ist nicht zu beanstanden, wenn sie nach pflichtgemäßem Ermessen zweckmäßig ist und aus beachtlichen Gründen erfolgt. Bei der zu treffenden Einzelfallentscheidung kommt neben der Kenntnis der Persönlichkeit des Verurteilten dem Gesichtspunkt der Entscheidungsnähe besondere Bedeutung zu.
Normenkette
JGG §§ 7, 58; StGB §§ 63-64, 67b
Verfahrensgang
AG Erlangen (Entscheidung vom 17.08.2010; Aktenzeichen 3 Ls 750 Js 66619/09) |
AG Straubing (Aktenzeichen 1 BüR 10/11) |
Tenor
Für die Entscheidungen, die in Folge der Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aus dem Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Erlangen vom 17. August 2010 erforderlich werden, ist das Amtsgericht - Jugendrichterin - Straubing zuständig.
Gründe
I. Mit Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Erlangen vom 17.8.2010 (Az.: 3 Ls 750 Js 66619/09), rechtskräftig seit dem selben Tage, wurde der Verurteilte A... K... der Brandstiftung in drei Fällen, des Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei sachlich zusammentreffenden Fällen schuldig gesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Vollstreckung der Unterbringung wurde zur Bewährung ausgesetzt und festgestellt, dass Führungsaufsicht eintritt.
Mit Beschluss vom selben Tage wurde die Dauer der Führungsaufsicht und die der Bewährungszeit auf drei Jahre ab Rechtskraft des Urteils festgesetzt, der Verurteilte für die Dauer von drei Jahren der Aufsicht und Leitung eines hauptamtlichen Bewährungshelfers unterstellt sowie die Vollstreckung der Unterbringung unter der Voraussetzung ausgesetzt, dass der Verurteilte den Weisungen des Bewährungshelfers nachkommt, jeden Wohnsitz- und Arbeitsplatzwechsel dem Gericht unverzüglich mitteilt, die Kostenzusage zusammen mit seinem Betreuer einholt, sich dann in die geschlossene Einrichtung in N... der Dr. L... S... E... begibt, dort an der Therapie teilnimmt, und diese nicht ohne Zustimmung der zuständigen Therapeuten, Ärzte und seines Betreuers eigenmächtig verlässt.
Seit dem 18.8.2010 befindet sich der Verurteilte in der Einrichtung N... der L... S... D... G..., die im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Straubing liegt.
Mit Beschluss vom 20.10.2010 hat das Amtsgericht Erlangen das Verfahren hinsichtlich der nachträglichen Entscheidungen, welche sich auf die durch das Urteil des Amtsgerichts Erlangen vom 17.8.2010 bewilligte Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung beziehen, gemäß § 58 Abs. 3 JGG dem Jugendrichter bei dem Amtsgericht Straubing übertragen.
Mit Verfügung vom 11.4.2011 lehnte die Jugendrichterin des Amtsgerichts Straubing die Übernahme mit dem Hinweis ab, es sei keine, wie in § 58 Abs. 3 Satz 2 JGG vorausgesetzt, Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden.
Mit Verfügung vom 20.4.2011 übersandte das Amtsgericht Erlangen die Akten nochmals an die Jugendrichterin des Amtsgerichts Straubing mit der Bitte um nochmalige Überprüfung, da im Hinblick auf die Vollzugsnähe auch für die Überwachung der zur Bewährung ausgesprochenen Unterbringung eine Übertragung gemäß § 58 Abs. 3 JGG auf den Jugendrichter vor Ort angezeigt sei. Zudem werde auch die Bewährungshilfe vom Landgericht Regensburg geführt.
Mit Verfügung vom 3.5.2011 hat die Jugendrichterin des Amtsgerichts Straubing die Akten an das Amtsgericht Erlangen zurückgereicht mit dem Bemerken, in dem Beschluss vom 20.10.2010 seien keine Entscheidungen bezüglich der Aussetzung der Maßregel übertragen worden. Außerdem sei eine analoge Anwendung des § 58 Abs. 3 JGG für solche Fälle fraglich. Eine Übernahme werde deshalb nach wie vor abgelehnt.
Mit Beschluss vom 18.5.2011 hat das Amtsgericht Erlangen das Verfahren zur Entscheidung über die Zuständigkeit zur Überwachung der ausgesetzten Maßregel nach § 63 StGB dem Oberlandesgericht Nürnberg vorgelegt.
Zur Begründung führte das Amtsgericht im Wesentlichen aus, § 58 JGG gelte auch für eine zur Bewährung ausgesetzte Maßregel. Im Hinblick auf die Vollzugsnähe sei es auch bei einer ausgesetzten Maßregel sachdienlich, dass der Jugendrichter des Aufenthaltsortes die Überwachung der zur Bewährung ausgesprochenen Unterbringung übernehme.
II. Das Oberlandesgericht ist nach §§ 58 Abs. 3 Satz 2, 42 Abs. 3 Satz 2 JGG, 14 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht berufen, den Streit um die Zuständigkeit zu entscheiden. Zuständig ist derzeit das Amtsgericht - Jugendrichterin - Straubing. Dies ergibt sich aus § 58 Abs. 3 Satz 2 JGG.
Nac...