Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmung im Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft, dass Ausschüttungen von Liquiditätsüberschüssen an die Kommanditisten unverzinsliche Darlehen darstellen sollen, "solange Verlustsonderkonten (II) bestehen", genügt den Anforderungen an eine klare und unmissverständliche Regelung der Rückzahlungspflicht der Kommanditisten (vgl. BGH WM 2016, 498) nicht, wenn bei der Beschreibung der Gesellschafterkonten keine "Verlustsonderkonten (II)" beschrieben werden, sondern lediglich "Ergebnissonderkonten (II)", auf welche u.a. die Verluste gebucht werden sollen, "auch soweit diese das feste Kapitalkonto (I) übersteigen", und damit unklar ist, unter welchen Umständen Ausschüttungen als Darlehen gewährt sein sollen.

 

Normenkette

HGB § 169 Abs. 1; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 02.10.2015; Aktenzeichen 1 O 980/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 02.10.2015, Az. 1 O 980/15, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.348,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin, ein als Publikums-KG strukturierter geschlossener Containerschifffonds, nimmt den beklagten Anleger auf Rückzahlung von aus der Liquidität erbrachter Ausschüttungen in Anspruch.

Die Parteien streiten dabei insbesondere darum, ob sich aus den Regelungen im Gesellschaftsvertrag ausreichend deutlich ergibt, dass die Ausschüttungen zurückgefordert werden können, und ob für die Kündigung bzw. Rückforderung ein Gesellschafterbeschluss erforderlich war.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), durch das das LG den Beklagten antragsgemäß zur Rückzahlung verurteilt hat. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

In der Berufungsinstanz beantragt der Beklagte:

Das Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 02.10.2015, Geschäftszeichen 1 O 980/15 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt:

die Berufung zurückzuweisen.

II. Die - zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte - Berufung ist begründet und führt zur Abänderung des angegriffenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Ausschüttungen nicht zu, insbesondere nicht in Form eines Darlehensrückzahlungsanspruchs nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB. Entgegen der Ansicht des LG enthält der streitgegenständliche Gesellschaftsvertrag keine hinreichend deutliche Vereinbarung, dass die nicht durch Gewinne gedeckten Auszahlungen als Darlehen gewährt werden.

1. Die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft können vereinbaren, dass an die Kommanditisten nicht nur - entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB - ihnen zukommende Gewinnanteile ausbezahlt werden, sondern unabhängig von einem erzielten Gewinn Ausschüttungen aus der überschüssigen Liquidität der Gesellschaft erfolgen (BGH, Urteil vom 16.2.2016 - II ZR 348/14 - WM 2016, 498, juris Tz. 9 m.w.N.). Obwohl solche Ausschüttungen wegen der Minderung der geleisteten Hafteinlage zu einem Aufleben der Außenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB führen können, sind sie im Innenverhältnis nur dann rückforderbar, wenn sich ein Rückforderungsanspruch aus einem besonderen Rechtsgrund, insbesondere aus einer entsprechenden vertraglichen Abrede, ergibt (BGH aaO juris Tz. 10 f.).

2. Der Gesellschaftsvertrag kommt als Grundlage einer solchen vertraglichen Abrede dann in Betracht, wenn sich aus diesem hinreichend klar und unmissverständlich ergibt, dass die ausgeschütteten Liquiditätsüberschüsse den Kommanditisten als Darlehen zur Verfügung gestellt worden und deswegen zurückzuzahlen sind (BGH WM 2016, 498 juris Tz. 12). Dabei ist der Gesellschaftsvertrag rein objektiv und nach den für die Auslegung von AGB geltenden Grundsätzen auszulegen, weshalb insbesondere Unklarheiten entsprechend § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Gesellschaft gehen (BGH aaO juris Tz. 13 ff.). Eine Rückzahlungspflicht besteht daher etwa dann nicht, wenn der Gesellschaftsvertrag lediglich vorsieht, dass eine Ausschüttung auf ein Darlehenskonto gebucht wird und dass bei einem Verzicht des Gesellschafters auf diese Entnahmen die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit entfällt (BGH, Urteil vom 12.3.2013 - II ZR 73/11 - WM 2013, 1167, juris Tz. 16 ff.; BGH, Versäumnisurteil vom 1.7.2014 - II ZR 72/12 - juris Tz. 18 ff.). Dasselbe gilt, wenn sich aus den Regelungen im Gesellschaftsvertrag nicht hinreichend deutlich ergibt, wie die Ausschüttungen auf den Gesellschafterkonten zu verbuchen sind und die Ausschüttungen nicht im Falle aller demnach denkbaren Buchungsmöglichkeiten als Darlehen zu qualifizieren und zurückzahlbar wären (BGH WM 2016, 498, juris Tz. 16 ff.).

3. Im Streitfall kann der Anleger den Regelungen im Gesellschaftsvertrag nicht hi...

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