Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter wegen Kindesbetreuung: Keine Verwirkung beim Zusammenleben mit einem neuen Partner in einer verfestigten Lebensgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Ein Unterhaltsanspruch nach § 16151 Abs. 2 BGB ist nicht deshalb verwirkt, weil die Mutter in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner lebt; § 1579 Nr. 2 BGB ist auf den Unterhaltsanspruch der Mutter nicht entsprechend anwendbar.
Die zugelassene Revision wurde nicht eingelegt.
Normenkette
BGB §§ 1611, 16151 Abs. 2, § 1579 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Straubing (Urteil vom 09.04.2010; Aktenzeichen 1 F42/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des AG - Familiengericht - Straubing vom 9.4.2010 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.800 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.1.2010 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Zur Klärung der Frage, ob auf einen Unterhaltsanspruch nach § 16151 Abs. 2 BGB die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 BGB entsprechend anwendbar ist, wird die Revision zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.800 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche aus einer Unterhaltsvereinbarung geltend.
Die Parteien haben bis Januar 2008 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Aus dieser Beziehung ist das am 2.1.2007 geborene Kind ... hervorgegangen, das seit der Trennung der Parteien bei der Mutter wohnt.
Am 17.2.2008 schlössen die Parteien eine privatschriftliche Vereinbarung, u.a. zum "Trennungsunterhalt". Danach verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung von Unterhalt bis August 2008 i.H.v. monatlich 300 EUR und für die Zeit ab September 2008 bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des gemeinsamen Sohnes i.H.v. monatlich 400 EUR. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 17.2.2008 Bezug genommen.
Der Beklagte leistete Zahlungen bis einschließlich Dezember 2008.
Die Klägerin lebt seit Juli 2008 mit einem neuen Partner in einer gemeinsam angemieteten Wohnung in m zusammen. Dieser Verbindung entstammt das am 29.5.2009 geborene Kind
Die Klägerin klagt auf Erfüllung der Unterhaltsvereinbarung für das Jahr 2009.
Das AG - Familiengericht - Straubing hat mit Endurteil vom 9.4.2010 den Beklagten zur Zahlung von Unterhalt an die Klägerin für die Monate Januar 2009 bis Mai 2009 i.H.v. insgesamt 2.000 EUR verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage wegen des Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Klägerin mit ihrem neuen Partner für die Zeit ab Juni 2009 abgewiesen. Auf Tatbestand und Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, dass sich aus der "verbindlichen" Festlegung des Monatsbetrages von 400 EUR ergebe, dass der Unterhalt auf jeden Fall in dieser Höhe für die vereinbarte Laufzeit habe bezahlt werden sollen.
Ferner beanstandet sie, dass das AG bereits vor Ablauf von zwei Jahren eine verfestigte Lebensgemeinschaft angenommen und nicht geprüft habe, ob die Inanspruchnahme des Beklagten grob unbillig wäre. Soweit sich der Beklagte auf gesunkene Einkünfte berufen habe, habe er keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt. Außerdem weist sie darauf hin, dass in § 1611 BGB eine dem § 1579 BGB entsprechende Regelung bei Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft nicht enthalten sei.
Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt die Zurückweisung der Berufung sowie die Zulassung der Revision.
Er hält die entsprechende Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB auf Unterhaltsansprüche nach § 16151 BGB fürzutreffend. Vorliegend sei im Hinblick auf die feste Planung des Umzugs ins Ausland spätestens ab Mai 2008 von einer ausreichenden Verfestigung der Lebensgemeinschaft auszugehen.
Zudem sei Verwirkung eingetreten auf Grund der Vereitelung des Umgangs zwischen ihm und seinem Sohn, dessen problemlose Durchführung zur Grundlage der Unterhaltsvereinbarung gemacht worden sei.
Wegen der näheren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Klägerin steht auch für die Zeit von Juni 2009 bis einschließlich Dezember 2009 der geltend gemachte Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten zu.
Die Unterhaltsvereinbarung vom 17.2.2008 ist nicht abzuändern, weder hinsichtlich der vereinbarten Laufzeit noch hinsichtlich der festgelegten Höhe des Unterhalts.
1. Die unveränderte Zahlungspflicht des Beklagten ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass die Parteien den "Unterhalt ... verbindlich auf 400 EUR monatlich festgelegt" haben.
Damit ist zwar eine spätere Korrektur der Vereinbarung nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse bei Vertragsschluss ausgeschlossen...