Entscheidungsstichwort (Thema)

Folgen einer gebotenen, aber nicht getroffenen Entscheidung über eine Folgesache

 

Leitsatz (amtlich)

Unterbleibt eine gem. § 629 ZPO gebotene Entscheidung über eine Folgesache, kommt auf die Berufung gegen das Scheidungsurteil dessen Aufhebung und die Zurückverweisung der Sache nach den bei einem unzulässigen Teilurteil geltenden Grundsätzen in Betracht.

 

Normenkette

ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 3, §§ 623, 629

 

Verfahrensgang

AG Neustadt a.d. Aisch (Urteil vom 03.03.2004; Aktenzeichen 1 F 303/03)

 

Tenor

I. Das Urteil des AG - FamG - Neustadt/Aisch vom 3.3.2004 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Scheidungsantrag und die Verbundsachen an das AG - FamG - Neustadt/Aisch zurückverwiesen.

III. Im Übrigen wird die Berufung des Antragsgegners zurückgewiesen.

IV. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 3.8.1995 geheiratet. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

Seit August 2002 leben die Parteien getrennt.

Mit Schriftsatz vom 2.7.2003, beim AG Neustadt/Aisch eingegangen am 3.7.2003, hat die Antragstellerin beantragt, die Ehe zu scheiden. Dieser Antrag wurde dem Antragsgegner nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Antragstellerin am 11.9.2003 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 17.11.2003 hat der Antragsgegner, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, beantragt, ihm für den Fall der rechtskräftigen Scheidung der Ehe eine Reihe im Einzelnen aufgezählter Gegenstände, die er dem ehelichen Hausrat zurechnet, zuzuweisen. Der Schriftsatz, der auch einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Folgesache Hausrat enthält, ist noch am 17.11.2003 beim AG Neustadt/Aisch eingegangen und der Bevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2003 übergeben worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 3.3.2004 erschien der Antragsgegner ohne Rechtsanwalt. Die Antragstellerin stellte in diesem Termin den Antrag auf Scheidung. Hinsichtlich des Verfahrens Hausrat teilte das Gericht den Parteien mit, dass der Antragsgegner, da er nicht von einem Rechtsanwalt vertreten sei, hierzu keinen Antrag stellen könne.

Noch in der Sitzung vom 3.3.2004 hat das AG folgendes Endurteil verkündet:

1. Die am 3.8.1995 vor dem Standesbeamten des Standesamts E. (Heiratsregister Nr. ...) geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

2. Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Mit Beschluss vom 11.3.2004 hat das AG dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe für den Scheidungsantrag und die Folgesache Versorgungsausgleich bewilligt, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Folgesache Hausrat aber abgewiesen.

Das Urteil vom 3.3.2004 wurde dem Antragsgegner am 10.3.2004 zugestellt. Mit einem am 13.4.2004, dem Dienstag nach Ostern, eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag hat der Antragsgegner Berufung gegen das Urteil vom 3.3.2004 eingelegt und diese im selben Schriftsatz begründet.

Er hat insoweit vorgetragen, dass er dem Scheidungsantrag beim AG zugestimmt habe, weil er davon ausgegangen sei, dass die Parteien die noch offenen Streitpunkte der Hausratsteilung und familienrechtlicher Ausgleichsansprüche noch regeln würden. Dies sei jedoch nicht geschehen, deshalb widerrufe er seine Zustimmung zur Scheidung.

Am 18.6.2004 ist beim OLG Nürnberg ein Schriftsatz des Antragsgegners vom 17.6.2004 eingegangen, in dem dieser seinen bereits erstinstanzlich gestellten Antrag auf Zuweisung von Hausratsgegenständen für den Fall der rechtskräftigen Scheidung der Ehe wiederholt hat.

In der mündlichen Verhandlung vom 1.7.2004 hat der Antragsgegner den in der Berufungsschrift vom 13.4.2004 enthaltenen Antrag, das Endurteil des AG Neustadt/Aisch vom 3.3.2004 aufzuheben und den Scheidungsantrag zurückzuweisen, gestellt.

Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragt, die Berufung des Antragsgegners zurückzuweisen.

Der Senat hat in der Sitzung vom 1.7.2004 beide Parteien angehört.

II. Die Berufung des Antragsgegners ist (gem. §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO) zulässig.

1. Sie hat mit ihrem Sachantrag, der auf Zurückweisung des Scheidungsantrags der Antragstellerin gerichtet ist, keinen Erfolg, weil

  • die Parteien unstreitig seit August 2002 getrennt leben,
  • nach den Erklärungen der Parteien sowohl in erster Instanz als auch bei ihrer Anhörung vor dem Senat feststeht, dass die Ehe gescheitert ist, und
  • deshalb die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 1 BGB für eine Scheidung vorliegen.

2. Die angefochtene Entscheidung des AG war aber gleichwohl aufzuheben, weil das AG die Ehe nicht ohne Entscheidung über die vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 17.11.2003 vor der letzten mündlichen Verhandlung und damit rechtzeitig anhängig gemachte und damit in den Verbund gelangte Folgesache Hausrat (vgl. §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 623 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 ZPO) hätte scheiden dürfen (§ 629 Abs. 1 ZPO).

Der Umstand, dass de...

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