Leitsatz (amtlich)
Bei Beschädigung eines fabrikneuen Pkw, der vor weniger als 1 Monat zugelassen wurde und eine Laufleistung von weniger als 1.000 km aufweist, muss sich ein Geschädigter nicht auf die Reparaturkostenabrechnung in Verbindung mit der Erstattung einer Wertminderung verweisen lassen, wenn es sich um einen Schaden handelt, der sich nicht durch biolies Auswechseln von Teilen folgenlos beseitigen lässt. Er kann Ersatz der Kosten für die Anschaffung eines Neuwagens verlangen.
Normenkette
BGB § 249
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 30.11.2007; Aktenzeichen 8 O 7237/07) |
Tenor
I. Das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 30.11.2007 wird abgeändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.917,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.3.2007 zu zahlen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtlich entstandene, nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten i.H.v. 872,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.3.2007 zu bezahlen; im Übrigen wird der Antrag auf Zahlung vorgerichtlicher Kosten abgewiesen.
IV. Von den Kosten beider Instanzen haben zu tragen der Kläger 10 %, die Beklagte 90 %; die Beklagte hat 90 % der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu tragen; die weiteren außergerichtlichen Kosten der Streithelferin hat diese selbst zu tragen.
V. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann eine Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vorher Sicherheit in entsprechender Höhe geleistet hat.
VI. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 10.956.14 EUR.
ab 9.7.2008 auf 9.917.34 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach zu 100 % ist unstreitig. Streit besteht aber darüber, ob der Kläger auf Neuwagenbasis abrechnen kann, oder sich - wie die Beklagten meinen - mit der Erstattung der Reparaturkosten und einer Wertminderung begnügen muss.
Das verunfallte Fahrzeug (Neupreis gem. Rechnung 36.849 EUR) wurde am 12.12.2006 auf den Kläger zugelassen. Der streitgegenständliche Verkehrsunfall ereignete sich am 19.12.2006, als das Klägerfahrzeug eine Laufleistung von 623 km aufwies. Das Fahrzeug wurde hinten rechts am Heck beschädigt (Blechschaden). Ein vom Kläger in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten der Streithelferin kalkuliert die Reparaturkosten mit brutto 3.582,14 EUR und stellt eine Wertminderung von 1.000 EUR fest. Der vom Erstgericht beauftragte Sachverständige G kalkuliert die Reparaturkosten um 810,09 EUR netto (964,01 EUR brutto) niedriger, geht aber von einer Wertminderung von 1.500 EUR aus. Diese unterschiedlichen Werte beruhen darauf, dass der Privatgutachter davon ausgeht, dass das beschädigte Seitenteil herauszunehmen und neu einzuschweißen ist, während der Sachverständige G davon ausgeht, dass der "Urzustand so gut es geht" durch Ausbeulen, Spachteln und Lackieren äußerlich einwandfrei herzustellen ist.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.956,14 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.3.2007 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtlich entstandene, nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.505,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.3.2007 zu bezahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat die Klage insgesamt abgewiesen. Der Kläger könne nicht auf Neuwagenbasis abrechnen, da die Beschädigung seines Fahrzeugs nicht erheblich im Rechtssinne sei. Bei dem vom Sachverständigen G vorgeschlagenen Reparaturweg werde nicht in die Integrität des rechten hinteren Seitenteils eingegriffen.
Der Kläger hat gegen dieses ihm am 6.12.2007 zugestellte Endurteil mit am 4.1.2008 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese fristgerecht begründet.
Er behauptet, das rechte hintere Seitenteil sei als Bestandteil der selbsttragenden Karosserie im technischen Sinne jedenfalls ein tragendes Teil; die Beschädigung sei daher erheblich; auf die Höhe der Reparaturkosten im Verhältnis zum Neuwert des Fahrzeugs komme es nicht an.
In Höhe vorgerichtlich bereits erstatteter Anwaltskosten hat der Kläger in der Berufungsinstanz mit Zustimmung der Beklagten die Klage teilweise zurückgenommen. Er beantragt nunmehr:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.917,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.3.2007 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtlich entstandene, nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten i.H.v. 958,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.3.2007 zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweisen darauf, dass das Seitenteil weder sicherheitsrelevant noch rahmentragend sei.
Der Privatgutachter ist nach St...