Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafentschädigung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Klagefrist des § 13 Abs. 1 S. 2 StrEG wird durch die Klageerhebung einer anwaltlich nicht vertretenen Partei bei einem örtlich und sachlich unzuständigen AG gewahrt.
2. Das für eine Klage nach § 13 StrEG erforderliche Rechtsschutzbedürfnis setzt nicht voraus, dass bereits bei Klageerhebung eine ablehnende Entscheidung im Verwaltungsverfahren vorliegt; es reicht aus, wenn diese vor der letzten mündlichen Verhandlung ergangen ist.
3. Belege (hier: Verdienstbescheinigungen), die vom Antragsteller erst nach Ablauf der Frist des § 10 Abs. 1 S. 2 StrEG vorgelegt werden, können dann noch Berücksichtigung finden, wenn die Vorlage deswegen unterlassen wurde, weil der Antragsteller eine Aufforderung der Staatsanwaltschaft im Entschädigungsverfahren erkennbar falsch interpretiert hat.
Normenkette
StrEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 31.07.2007; Aktenzeichen 4 O 2621/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 31.7.2007 aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.248 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 29.5.2007 zu zahlen.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.248 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt vom Beklagten Ersatz für Verdienstausfall, der ihm durch erlittene strafprozessuale Maßnahmen entstanden sei.
Im Zuge eines gegen den Kläger gerichteten Strafverfahrens wegen des Verdachts des unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde ihm in der Zeit vom 3.8.2005 bis 6.10.2005 die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen und sein Führerschein sichergestellt. Nachdem er am 2.3.2006 von diesem Vorwurf freigesprochen worden war, machte er durch seinen früheren Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 7.3.2006 (Anlage K 3) ggü. dem AG Regensburg Entschädigungsansprüche geltend. Er bezifferte seinen Verdienstausfall mit 4.342,40 EUR für 46 Arbeitstage, worin "Überstunden und Spesen" nicht enthalten seien und beanspruchte für Fahrtkosten zu verschiedenen Terminen weitere 188.80 EUR. Am 15.5.2006 erließ das AG Regensburg eine Grundentscheidung nach § 8 StrEG. Auf eine Aufforderung der StA Regensburg vom 29.8.2006. Belege zum Nachweis der Ansprüche vorzulegen, antwortete der Kläger am 22.10.2006 (Anlagen K7, K8).
Noch vor Ablehnung des Entschädigungsantrags durch die Generalstaatsanwaltschaft am 8.12.2006, dem Kläger zugestellt am 13.12.2006, reichte dieser am 15.11.2006 persönlich Klage zum AG Regensburg ein und nahm dabei auf seine Berechnung aus dem Schriftsatz vom 7.3.2006 Bezug. Nach mehreren Hinweisen zur Parteibezeichnung hat das AG Regensburg die Klage am 22.2.2007 an den Beklagten zugestellt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 16.3.2007 an das LG Nürnberg-Fürth verwiesen. Dieses hat den Kläger am 29.3.2007 unter Fristsetzung aufgefordert, Klage durch einen zugelassenen Rechtsanwalt zu erheben und daneben auf Bedenken zur Schlüssigkeit hingewiesen. Am 21.5.2007 ging ein Schriftsatz des Klägers - nunmehr vertreten von einem Anwalt - ein, in welchem er nur noch Verdienstausfall für 45 Arbeitstage, aber keinen Ersatz für Fahrtkosten mehr geltend machte, seine Forderungen jedoch um Nacht- und Feiertagszuschläge erweiterte.
Er hat beantragt:
"Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.248 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen."
Mit Urteil vom 31.7.2007, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen, weil die dreimonatige Ausschlussfrist des § 13 StrEG nicht eingehalten sei.
Der Kläger verfolgt seinen Zahlungsanspruch mit der Berufung weiter. Er meint, die Fristüberschreitung habe er nicht zu verantworten, da sie durch die zum Teil unrichtigen Hinweise des AG Regensburg mit verursacht worden sei. Auf die Verpflichtung, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, hätte er nach § 139 ZPO hingewiesen werden müssen. Dies habe das AG unterlassen. Die Klageerhebung zum AG habe im Übrigen Frist wahrende Wirkung entfaltet.
Der Kläger beantragt:
1. Das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 31.7.2007 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.248 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und verweist darauf, dass die Klage zum AG Regensburg zum Zeitpunkt ihrer Erhebung unzulässig gewesen sei, da das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen war. Mit der ablehnenden Entscheidung durch den Generalstaatsanwalt sei der Kläger auf die Ausschlussfrist des § 13 StrEG hingewiesen worden; auch die Möglichkeit, wie und bei welchem Gericht er dagegen vorgehen könne, habe er mitgeteilt bekommen. Erst mit Eingang des Anwaltsschriftsatzes vom 21.5.2007 be...