Leitsatz (amtlich)

1. Der in § 23 (1) ARB 2002 zugesagte Rechtsschutz für Selbständige für den privaten Bereich umfasst einen Rechtsstreit, den der Versicherungsnehmer über Mängel an einer Photovoltaikanlage gegen den Ersteller der Anlage führt, wenn es sich bei der Anschaffung und dem Betrieb der Anlage um eine Maßnahme der privaten Vermögensverwaltung des Versicherungsnehmers handelt. Die Annahme einer solchen Maßnahme ist auch dann möglich, wenn der Versicherungsnehmer im Rahmen seines Handelsgewerbes Kunden bei Investitionen in Photovoltaikanlagen umfassend betreut.

2. Die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem zu diesem Zweck ange-pachteten Dach einer in fremdem Eigentum stehenden Scheune fällt nicht unter den sog. Baurisikoausschluss in § 3 Abs. 1d) ARB 2002.

 

Normenkette

ARB 2002 §§ 3, 23

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 20.06.2012; Aktenzeichen 2 O 8341/11)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 20.6.2012 - 2 O 8341/11, wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des LG Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.892,56 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Deckungsanspruch aus einer Rechtsschutzversicherung hat.

Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung über Privat- und Verkehrsrechtsschutz für Selbständige. Vereinbart sind die X ARB 2002. Nach § 2 S. 1 der Bedingungen kann der Umfang des Versicherungsschutzes in den Formen des § 21 bis § 29 vereinbart werden. Gemäß dem Versicherungsschein vom 14.11.2002 (Anlage K 1) ist für die Klägerin Privat-Rechtsschutz für Selbständige nach § 23 ARB vereinbart. Der Umfang des Versicherungsschutzes ist darin wie folgt beschrieben:

"§ 23 Privat-Rechtsschutz für Selbständige

(1) Versicherungsschutz besteht für den Versicherungsnehmer und seinen ehelichen bzw. eingetragenen oder im Versicherungsschein genannten nichtehelichen bzw. nichteingetragenen Lebenspartner, wenn einer oder beide eine gewerbliche, freiberufliche oder sonstige selbständige Tätigkeit ausüben,

a) für den privaten Bereich,

b) für den beruflichen Bereich in Ausübung einer nichtselbständigen Tätigkeit.

(2)...

(3) Der Versicherungsschutz umfasst:

...

Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht ((§ 2d)."

Die Klägerin betreibt unter der Firma L. eK. ein im Handelsregister eingetragenes Unternehmen, das u.a. Consultingleistungen für Investitionen in Photovoltaikanlagen anbietet. Die von ihr angebotenen Dienstleistungen umfassen die gesamte Palette der für solche Investitionen erforderlichen Beratungsleistungen, von der Suche nach geeigneten Dächern über die Vermittlung von Pachtverträgen für solche Dächer, die Vermittlung von Krediten und Fördermitteln, die Erholung von Angeboten für die Anlagen und deren Installation, bis hin zu der Vorbereitung der Verträge zwischen ihren Kunden und dem Energieversorger über die Einspeisung des erzeugten Stroms.

Die Klägerin schloss mit der Firma E GmbH am 5.8.2010 bzw. 11.8.2010 einen Vertrag über den Kauf und die Montage einer Photovoltaikanlage bestehend aus 476 Modulen mit einer Nennleistung von 210 W. Sie ließ die Anlage auf dem zu diesem Zweck von ihr angepachteten Dach eines Nutzgebäudes in G montieren. Der Preis für die Photovoltaikmodule betrug 172.788 EUR + 19 % MwSt = 205.617,72 EUR.

Die Klägerin setzte für die Anpachtung des Daches und den Kauf der Anlage 70.000 EUR Eigenkapital ein. Die restliche Investitionssumme finanzierte sie über ein Darlehen der B Bank i.H.v. ca. 215.000 EUR. Grundlage dieses Darlehens war ein Förderdarlehen der K Bank mit einer Darlehenssumme von 250.000 EUR. Die Anlage ist seit 2010 in Betrieb. Nach Abzug der Finanzierungskosten verbleibt aus den Einspeisungserträgen ein Gewinn von gut 1.000 EUR pro Monat.

Sämtliche Verträge im Zusammenhang mit dem Erwerb der Anlage schloss die Klägerin in eigenem Namen ab. Ausgaben und Einnahmen im Zusammenhang mit dem Projekt wurden und werden über ein vom Firmenkonto getrenntes Privatkonto der Klägerin abgewickelt. Die Einnahmen aus der Anlage werden steuerlich als Einnahmen aus Gewerbebetrieb behandelt. Es erfolgt ein Vorsteuerabzug. Eine Baugenehmigung wurde für die Errichtung der Anlage nicht eingeholt. Die Klägerin persönlich ist Eigentümerin einer weiteren, allerdings kleineren Photovoltaikanlage.

Die Klägerin macht gegen die Firma E GmbH Gewährleistungsansprüche geltend, weil die installierten Module nach ihrer Auffassung nicht die garantierte Leistung erbringen. Über die Gewährleistungsansprüche ist vor dem LG Bamberg unter dem Az ... ein Rechtsstreit anhängig. Für diesen Rechtsstreit und die vorgerichtliche Auseinandersetzung begehrt die Klägerin Deckung aus der Rechtsschutzversicherung bei der Bekla...

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