Entscheidungsstichwort (Thema)
Tubensterilisation und später erwünschte Schwangerschaft durch In-vitro-Fertilisation
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob eine In-vitro-Fertilisation als medizinisch notwendige Heilbehandlung anzusehen ist, wenn die Unfruchtbarkeit der versicherten Frau die Folge einer Tubensterilisation ist, die sie zum Zwecke der Empfängnisverhütung durchführen ließ.
Normenkette
MB/KK § 1 Abs. 2, § 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 01.10.2004; Aktenzeichen 3 O 1572/04) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG Regensburg vom 1.10.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO).
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin (§§ 511 ff. ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg.
Es besteht keine Verpflichtung der Beklagten aus der privaten Krankenversicherung, die Behandlungskosten für eine künstliche Befruchtung der Klägerin zu übernehmen - und zwar weder für die bereits stattgefundene noch für eine weitere beabsichtigte (homologe) In-vitro-Fertilisation -, da kein Versicherungsfall anzunehmen ist.
I. Nach § 1 Teil 1 (1) a) und (2) (der zwischen den Parteien vereinbarten) MB/KK 94 besteht Versicherungsschutz bei Krankheit (...) für medizinisch notwendige Heilbehandlungen. Krankheit im vorgenannten Sinne ist nach herrschendem Verständnis ein unabhängig von den subjektiven Vorstellungen des Versicherungsnehmers objektiv nach ärztlichem Urteil bestehender anomaler, regelwidriger Zustand des Körpers oder Geistes. Der BGH hat ausgehend von dieser allgemeinen Definition der Krankheit die organisch bedingte Sterilität als bedingungsmäßige Krankheit und die homologe In-vitro-Fertilisation als notwendige medizinische Heilbehandlung anerkannt (BGH v. 17.12.1986 - IVa ZR 78/85, MDR 1987, 390 = VersR 1987, 278).
1. Eine derartige, organisch bedingte Sterilität macht die Klägerin erstmals in ihrer Berufungsbegründung vom 23.12.2004 geltend. Dort lässt sie unter Bezugnahme auf die Schreiben vom Prof. Dr. S. vom 10.12.2003 und 2.11.2004 vortragen, die Ursache für ihre Unfruchtbarkeit sei nicht die im Jahre 1999 vorgenommene Sterilisierung, sondern eine Chlamydien-Infektion, die zu Adhäsion im Eileiter und Bauchraum führte, so dass die Sterilisierung unnötigerweise vorgenommen worden sei.
Dieser neue Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz kann jedoch nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO keine Berücksichtigung finden. Der Klägerin war die Diagnose einer - von der Beklagten im Übrigen bestrittenen - organisch bedingten Sterilität bereits auf Grund des ärztlichen Attestes vom 10.12.2003, also vor Klageerhebung bekannt; dies hat sie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.2.2005 ausdrücklich zugestanden. Es wäre ihr daher möglich und zumutbar gewesen, hierzu in erster Instanz vorzutragen.
2. Für die Beurteilung der Frage des Vorliegens eines Versicherungsfalls ist somit von dem Sachverhalt auszugehen, den die Klägerin in erster Instanz (und noch in der Berufungsbegründung vom 21.10.2004) vortragen ließ. Danach soll die bei ihr im Jahre 1999 vorgenommene Tubenligatur medizinisch notwendig gewesen sein, weil ansonsten ihr Sexualleben und ihre berufliche Entwicklung in nicht zumutbarer Weise eingeschränkt worden wären; sie habe nämlich an einer Unverträglichkeit von hormonellen Kontrazeptiva, Pessaren, Vaginalcremes mit Konservierungsstoffen und Kondomen aus Latex gelitten.
3. Ob eine Krankheit im Sinne der streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen vorliegt, wenn die Sterilität bewusst - also durch eine Sterilisierung - herbeigeführt wurde, ist streitig.
a) Teilweise wird dies mit der Begründung verneint, dass als Krankheit nur eine schicksalhafte Unfruchtbarkeit angesehen werden könne, nicht aber ein bewusst und gewollt in der Absicht künftiger Lebensgestaltung herbeigeführter Zustand der Unfruchtbarkeit zu dem Zweck, eine Schwangerschaft zu vermeiden. So hat beispielsweise das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 18.3.1993 (OLG Köln v. 18.3.1993 - 5 U 151/92, OLGReport Köln 1993, 194 = VersR 1994, 208) nicht einmal aus dem Umstand, dass bei einer Versicherungsnehmerin im Falle einer Schwangerschaft die Gefahr der Erblindung bestand, auf eine Krankheit im Sinne der AVB geschlossen (Marlow, VersR 2002, 144 [147]).
Unter Umständen könnte eine andere Beurteilung dann gerechtfertigt sein, wenn nach einer freiwillig herbeigeführten Sterilisation anderweitige gesundheitliche Beschwerden mit Krankheitswert aufgetreten wären, wie etwa psychische Störungen wegen eines nicht mehr erfüllbaren Kinderwunsches (OLG Köln v. 13.1.1994 - 5 U 104/92, VersR 1994, 1170).
b) Nach der Gegenmeinung wird eine durch Sterilisation bewirkte Unfruchtbarkeit als Krankheit angesehen (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 1 MB/KK 94 Rz. 13 - ohne Begründung -).
4. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin unter keinem in Frage kommenden G...