Leitsatz (amtlich)
1. An die Annahme, dass sich der Vertragspartner vom Vertrag losgesagt hat und einen weiteren Leistungsaustausch schlechthin ablehnt, sind strenge Anforderungen zu stellen. Insofern gilt nichts anderes, wie für die gesetzlich normierten Fälle der endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung (z.B. § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB) anerkannt ist.
2. Eine Aufforderung des Vertragspartners, sich über die eigene Vertragstreue zu erklären, begründet keine Erklärungspflicht, die selbständig neben die sowieso bestehende Pflicht zur Vertragstreue tritt, sondern lediglich eine reine Obliegenheit in einer eigenen Angelegenheit.
3. Ein eigenes vorangehendes vertragswidriges Verhalten schließt die Berufung auf eine sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebende Einrede aus. Dies steht der Möglichkeit entgegen, aus einer erfolglosen, an den Vertragspartner gerichteten Aufforderung, sich über die Vertragstreue zu erklären, Rechte herzuleiten.
4. Der Rückzahlungsanspruch nach Rücktritt stellt keine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB dar.
Normenkette
BGB §§ 320, 242, 288
Verfahrensgang
LG Regensburg (Aktenzeichen 3 O 925/16 (1)) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 30.11.2016, Az. 3 O 925/16 (1), wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 16.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.06.2016 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 16.500 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Die Parteien handeln mit Gebrauchtwagen. Der Kläger verlangt - gestützt auf einen (Teil-)Rücktritt nach ergebnisloser Fristsetzung - die Rückzahlung des von ihm entrichteten Kaufpreises für drei gebrauchte Fahrzeuge der Marke Fiat des Typs Panda in Höhe von insgesamt 16.500 EUR nebst Zinsen.
Die Beklagte hält dem mit Schreiben vom 13.05.2016 erklärten (Teil-)Rücktritt entgegen, dass der Kläger nicht - wie von ihm behauptet - lediglich 20 Fahrzeuge, sondern insgesamt 40 Fahrzeuge über den Zeugen RS bestellt habe, die in gleichen Tranchen im Februar und März 2016 gegen Vorkasse geliefert werden sollten. Weil der Kläger die weiteren 20 Fahrzeuge nicht mehr habe abnehmen wollen, sei sie ihrerseits berechtigt gewesen, drei der bereits bezahlten Fahrzeuge der ersten Tranche zurückzubehalten. Denn der vereinbarte Preis pro Fahrzeug von 5.500 EUR habe sich auf eine Gesamtabnahmemenge von 40 Fahrzeugen bezogen.
Ergänzend wird auf den Tatbestand des angegriffenen Endurteils des Landgerichts Regensburg vom 30.11.2016, Az. 3 O 925/16 (1), Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit dem Argument abgewiesen, dass aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die Bestellung von 40 Fahrzeugen durch den Kläger feststehe. Weil der Kläger seiner vertraglichen Verpflichtung zur Abnahme von 20 weiteren Fahrzeugen nicht nachgekommen sei, habe der Beklagten wegen der Konnexität des Anspruchs ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB zugestanden. Der Rücktritt sei deshalb ins Leere gegangen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger - unter Angriff der Feststellungen des Landgerichts zur Anzahl der vertragsgegenständlichen Fahrzeuge - sein Klageziel unverändert weiter.
Der Kläger beantragt:
Unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 16.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
II. Die zulässige Berufung ist weitgehend begründet. Die Beklagte ist infolge des (Teil-)Rücktritts des Klägers gemäß §§ 346 Abs. 1, § 323 Abs. 1 BGB zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 16.500 EUR für die drei nicht ausgelieferten Fahrzeuge verpflichtet. Der Kläger kann allerdings die Verzinsung seines Anspruchs ab 23.06.2016 lediglich in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz verlangen.
1. Bei Teilbarkeit der Gegenleistung ist ein teilweiser Rücktritt vom Vertrag möglich, bei dem der Gläubiger von demjenigen Teil seiner Verpflichtung zur Gegenleistung frei wird, der auf die nicht erbrachte Einzelleistung entfällt (BGH, Urteil vom 16.10.2009 - V ZR 203/08, juris Rn. 17). Davon geht das Regelungskonzept des § 323 BGB aus, wie sich aus dessen Abs. 5 ergibt.
2. Die Beklagte war gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, dem Kläger (jedenfalls) drei weitere Fahrzeuge der Marke Fiat des Typs Panda zu liefern, die - wie unstreitig ist - unter dem Datum 03.02.2016 in Rechnung gestellt und vom Kläger in der Folge bezahlt worden waren. Der Beklagten war vor der Rücktrittserklärung des Klägers vom 13.05.2016 - wie ebenfalls unstreitig ist - eine Frist zur Lieferung dieser Fahrzeuge bis 15.04.2016 gesetzt worden. Die Beklagte...