Leitsatz (amtlich)
Bei Rückübertragung von Unterhaltsansprüchen sind die Kosten der Rechtsverfolgung vom Sozialamt zu übernehmen. Prozesskostenhilfe ist insoweit nicht zu gewähren.
Verfahrensgang
AG Lingen (Aktenzeichen 20 F 1007/03) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des AG-FamG – Lingen vom 6.2.2003 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit die Klägerin Prozesskostenhilfe für die vor Anhängigkeit des Verfahrens aufgelaufenen Rückstände begehrt.
Gründe
Die seit dem 5.1.2002 von ihrem Ehemann getrennt lebende Klägerin bezieht Sozialhilfe bzw. für die beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kinder Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Nach Rückabtretung der übergegangenen Ansprüche nimmt sie den Beklagten auf Zahlung eines in der Zeit bis Dezember aufgelaufenen rückständigen Unterhalts i.H.v. insgesamt rund 7.500 Euro sowie ab Januar 2003 auf laufenden Unterhalt für sich und die Kinder in Anspruch.
Das FamG hat der Klägerin in eingeschränktem Umfang Prozesskostenhilfe für die Zeit ab Rechtshängigkeit bewilligt und den Antrag hinsichtlich der geltend gemachten Rückstände zurückgewiesen, weil die Rechtsverfolgung insoweit allein im Interesse des Sozialamtes erfolge.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie ihr ursprüngliches Begehren weiter verfolgt.
Das nach §§ 127, 567 ZPO zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Die Rüge, das erstinstanzliche Gericht habe zunächst darauf hinweisen müssen, dass es hinsichtlich des rückständigen Unterhalts einer Aufschlüsselung der auf das Sozialamt übergegangenen und eigener Ansprüche bedurft hätte, muss erfolglos bleiben, weil die Klägerin ihr Vorbringen zur Höhe etwaiger ihr verbliebener Ansprüche auch in der Beschwerdebegründung nicht ergänzt hat. Angesichts der Höhe der geleisteten Sozialhilfe ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Klägerin aus der Vergangenheit überhaupt noch eigene Ansprüche zustehen könnten. Soweit sie Prozesskostenhilfe für die Verfolgung von Unterhaltsansprüchen aus der Zeit vor Eingang des Prozesskostenhilfegesuchs begehrt, könnte das auf nach dem ursprünglichen Antrag uneingeschränkte Bewilligung von Prozesskostenhilfe zielende Rechtsmittel daher nur dann Erfolg haben, wenn die Klägerin für die Durchsetzung dieser Ansprüche die Kosten der Rechtsverfolgung ebenfalls nicht aufbringen kann.
Insoweit fehlt es jedoch an den wirtschaftlichen Voraussetzungen. Die Klägerin macht für diese Zeit ausschließlich auf sich durch das Sozialamt der Stadt L. rückabgetretene Ansprüche geltend, so dass ihr für die damit verbundenen Aufwendungen ein Anspruch auf Übernahme der Kosten zusteht.
Derartige Ansprüche auf Leistungen Dritter haben grundsätzlich Vermögenswert und sind daher für die Prozessführung einzusetzen (Zöller/Philippi, 23. Aufl., § 115 ZPO Rz. 66).
Nachdem die Rückübertragung von auf das Sozialamt bzw. das Land übergegangenen Unterhaltsansprüchen zunächst als nicht zulässig angesehen wurde (BGH, Urt. v. 3.7.1996 – XII ZR 99/95, MDR 1996, 1150 = FamRZ 1996, 1203), gestatten die §§ 91 Abs. 4 und 7 Abs. 4 S. 2 UVG mit praktisch wortgleichen Formulierungen nunmehr ausdrücklich, dass die Ansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen werden. Gleichzeitig schreibt das Gesetz ausdrücklich vor, dass Kosten, mit denen der Leistungsempfänger dadurch belastet wird, zu übernehmen sind.
Der in der Rspr. verbreiteten Ansicht, es handele sich hierbei um keinen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss, sondern um einen erst nach Abschluss des Verfahrens zum Tragen kommenden Freistellungsanspruch (OLG Köln FamRZ 1997, 298; FuR 2002, 378; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1147; OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1284 [1285]; OLG Celle Nds. Rpfl. 1999, 59; OLG Zweibrücken v. 23.7.2001 – 5 WF 54/01, OLGReport Zweibrücken 2001, 480 = FamRZ 2002, 105; KG Berlin FamRZ 2000, 758; OLG Hamm v. 11.7.2002 – 3 WF 192/02, OLGReport 2003, 118; i.E. ebenso OLG Koblenz FamRZ 1998, 246), vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Er hält vielmehr an seiner Auffassung fest, dass die Verpflichtung des Sozialamtes zur Kostenübernahme bereits während des laufenden Verfahrens besteht und damit eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausschließt (OLG Oldenburg FamRZ 1998, 435; ebenso OLG Koblenz v. 3.4.1997 – 15 UF 1327/96, OLGReport Koblenz 1997, 155 = MDR 1997, 1072 = FamRZ 1997, 1086; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 1444; OLG Celle FamRZ 1999, 1284; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1508; v. 31.7.2000 – 2 WF 100/00, OLGReport Karlsruhe 2001, 200 = FamRZ 2001, 926; OLG Schleswig v. 20.12.1999 – 12 WF 174/99, OLGReport Schleswig 2000, 163; Zöller/Philippi, § 114 ZPO Rz. 10; Oestreicher/Schelter/Kunz, Bundessozialhilfegesetz, § 91 Rz. 173b).
Wenn das Sozialamt übergegangene Unterhaltsansprüche wieder an die Klägerin zur gerichtlichen Durchsetzung abtritt, wird die Klägerin zwar Inhaberin der Forderung. Sie übernimmt damit aber lediglich treuhänderisch Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, da sie gleichzeitig die ausgeurteilten ...