Leitsatz (amtlich)

Der Wert eines Wohnungsbesetzungsrechts ist regelmäßig nach dem Regelgeschäftswert des § 30 Abs. 2 KostO zu bemessen

 

Normenkette

KostO §§ 24, 30, 30 Abs. 1-2

 

Gründe

Die Eigentümerin erhielt für den Bau von zwei Häusern mit je 20 Wohnungen auf den betroffenen Grundstücken aus öffentlichen Förderungsmitteln pro Haus einen (verlorenen) Zuschuß von 1.272.060,– DM. Dafür bestellte sie an jedem der beiden Grundstücke zugunsten der Norddeutschen Landesbank – Girozentrale – Hannover eine befristete beschränkte persönliche Dienstbarkeit des Inhalts, daß die Wohnungen für die Dauer von 25 Jahren seit Bezugsfertigkeit,längstens aber für die Dauer von 28 Jahren nach Eintragung der Dienstbarkeit, nur Wohnungssuchenden zum Gebrauch überlassen werden dürfen, die durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der Wohnungsbauförderungsstelle nachweisen, daß sie zum berechtigten Personenkreis gemäß § 25 Abs. 1 bzw. § 88 a Abs. 1 b 2. Wohnungsbaugesetz gehören (sogenanntes Wohnungsbesetzungsrecht). Das Amtsgericht hat den Wert dieser Dienstbarkeiten entsprechend der Höhe des Aufwendungszuschusses auf je 1.272.060,– DM festgesetzt, da der Aufwendungszuschuß insgesamt an den geförderten Personenkreis – z. B. über die Mietpreiskalkulation – weitergegeben würde. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1.) hat das Landgericht durch den angefochtenen hiermit in Bezug genommenen Beschluß den Wert der Dienstbarkeiten auf je 100.000,– DM entsprechend dem Regelstreitwert von 5.000,– DM pro Wohnung herabgesetzt. Die dagegen gerichtete zugelassene weitere Beschwerde, mit der der Bezirksrevisor die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Wertfestsetzung erstrebt, ist gemäß §§ 31 Abs. 3 Satz 1, 14 Abs. 3 Satz 3 KostO zulässig. In der Sache bleibt ihr der Erfolg versagt.

Wonach der Wert eines sogenannten Wohnungsbesetzungsrechtes der zuvor beschriebenen Art zu bemessen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. Einigkeit besteht noch insoweit, daß sich der Wert solcher Dienstbarkeiten nicht nach den §§ 22, 24 KostO bestimmt, sondern seine Grundlage in § 30 KostO findet (vgl. nur KG DNotZ 1969, 49 ff; BayObLG Rpfl. 1985, 330; Senat, Beschluß vom 10.8.1993 – 5 W 60/93 –; Göttlich/Mümmler, KostO, 11. Aufl., Stichwort „Wohnrecht” Anm. 2 j. m. w. N.). Streitig ist aber, wie die Wertbemessung innerhalb dieses gesetzlichen Anwendungsbereichs zu erfolgen hat. Nach einer Ansicht ist der Wert gemäß § 30 Abs. 1 KostO zu schätzen, wobei auf der einen Seite der Mietwert der Wohnungen bzw. ein Bruchteil davon als Schätzungsgrundlage herangezogen wird (so OLG Braunschweig Kostenrechtsprechung § 30 KostO Nr. 6; LG Berlin ebenda Nr. 32 = JurBüro 1968; ablehnend Rohs/Wedewer/Belchaus, KostO, 3. Aufl., § 30 Rdn. 18) und auf der anderen Seite der Aufwendungszuschuß – sei es als Darlehen oder als verlorener Zuschuß – bzw. ein Bruchteil davon zur Schätzungsanknüpfung verwandt wird (Darlehen: AG Remscheidt, Rpfl. 1991, 343 = JurBüro 1961, 656: 30%; LG Wuppertal, ebenda 15 %; bestätigt von OLG Düsseldorf Rpfl. 1992, 177 = JurBüro 1992, 482; verlorener Zuschuß; Senat a. a. O. 50 %). Nach anderer Ansicht fehlt es in solchen Fallgestaltungen regelmäßig an genügend konkreten Anhaltspunkten für eine Schätzung, so daß auf den Regelgeschäftswert gemäß § 30 Abs. 2 KostO zurückzugreifen ist (KG Rpfl. 1968, 370 f; Rohs u. a. a. a. O.; vgl. zum ganzen auch Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 12. Aufl.,§ 23 Rdn. 11). Der Senat hält an seiner Rechtsprechung nach nochmaliger Überprüfung nicht fest.Mietwert oder Zuschußwert bieten keine geeignete Grundlage, um den Wert zu bestimmen, den der Berechtigte aus seiner Dienstbarkeit zieht. Mangels jeglicher tatsächlicher Anknüpfungsmöglichkeiten für eine Wertschätzung gemäß § 30 Abs. 1 KostO verbleibt nur der Rückgriff auf den Auffangtatbestand des § 30 Abs. 2 KostO, der als äußerster Notbehelf erst dann eingreifen kann, wenn auch eine ungefähre Schätzung aufgrund tatsächlicher Anknüpfungspunkte nicht möglich ist (so zu Recht BayObLG Rpfl. 1985, 330).Ein Rückgriff auf § 30 Abs. 1 KostO ist nur möglich, wenn die Zuschußhöhe (oder gar der Mietwert) tatsächlich einen Anhaltspunkt für den Wert des Wohnungsbesetzungsrechts bildet. Das hängt davon ab – wie das Kammergericht a. a. O. zutreffend herausgearbeitet hat und was im abstrakten Ansatz auch von den abweichenden Ansichten unterstützt wird –, ob so annäherungsweise der geldwerte Vorteil ermittelt werden kann, den das dingliche Recht seinem Inhaber verschafft. Das ist aber bei dem Baukostenzuschuß, in welcher Form er auch immer gewährt wird, und (noch weniger) bei dem Mietwert der Wohnungen nicht der Fall. Die Berechtigte – hier die Norddeutsche Landesbank und damit die öffentliche Hand – verfolgt mit der Zuwendung das sozialpolitische Ziel, Wohnraum für geringer verdienende Mieter zu schaffen. Die Rechtsinhaberin bekommt zur Sicherstellung dieses Zieles, daß auch die damit angesprochenen Bevölkerungskreise erreicht werden, das dinglich abge...

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