Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung des Prozesskostenhilfeanwalts in Ehesachen: Erneuter Gebührenanspruch bei Wiederaufnahme eines ausgesetzten Versorgungsausgleichsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Die anwaltliche Vertretung in einer ausgesetzten und wieder aufgenommenen Folgesache Versorgungsausgleich stellt auch dann keine neue Angelegenheit nach § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG dar, wenn zwei Kalenderjahre seit dem Erlass des Scheidungsurteils und der Aussetzung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich vergangen sind (Bestätigung von KG, Beschl. v. 28.10.2010 - 19 WF 174/10).
Normenkette
RVG § 15 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 2
Verfahrensgang
AG Meppen (Beschluss vom 08.12.2010; Aktenzeichen 16 F 422/04 VA) |
Tenor
Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Meppen vom 8.12.2010 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Ehe der Beteiligten ist durch Urteil des AG - Familiengericht - Meppen vom 5.7.2005 rechtskräftig geschieden worden. Das Familiengericht hat im Scheidungsurteil die Entscheidung über den Versorgungsausgleich gem. § 2 VAÜG ausgesetzt. Dem Antragsgegner war durch Beschluss vom 20.1.2005 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt worden. Auf Antrag des Beschwerdeführers wurde am 19.7.2005 eine dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung von 614,80 EUR (einschließlich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) festgesetzt. Der Beschwerdeführer hatte die Gebühren nach einem Gegenstandswert von 4.000 EUR berechnet. Dem lag die Wertfestsetzung des Familiengerichts zugrunde, das den Streitwert durch Beschluss vom 5.7.2005 mit 4.000 EUR (Scheidung: 3.000 EUR, Versorgungsausgleich: 1.000 EUR) bemessen hatte.
Das Familiengericht hat das Verfahren über den Versorgungsausgleich mit Verfügung vom 5.7.2010 wieder aufgenommen und - nach Einholung neuer Auskünfte von den Versorgungsträgern - durch Beschluss vom 18.10.2010 über den Versorgungsausgleich entschieden. Der Beschwerdeführer hat (nach - erneuter - Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Antragsgegner) am 28.10.2010 die Festsetzung einer Vergütung von 155,30 EUR (einschließlich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) für das Versorgungsausgleichsverfahren nach einem Gegenstandswert von 1.000 EUR beantragt. Die Festsetzung ist abgelehnt worden. Die dagegen gerichtete Erinnerung hat das Familiengericht zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen.
II. Das gem. § 33 Abs. 3 Satz 2 und 3 i.V.m. § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
Mit Recht hat das Familiengericht die beantragte Vergütungsfestsetzung abgelehnt, weil die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Versorgungsausgleichsverfahren gem. § 15 Abs. 1, 2 und 5 RVG durch die bereits im Jahr 2005 gezahlte Vergütung abgegolten ist.
1. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG kann der Rechtsanwalt Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Die Scheidung und die Folgesache Versorgungsausgleich sind gem. § 16 Nr. 4 RVG dieselbe Angelegenheit; das gilt gem. § 21 Abs. 3 RVG auch dann, wenn die Folgesache als selbständige Familiensache fortgeführt wird. Demzufolge kann der Beschwerdeführer nach Zahlung der Vergütung im Jahr 2005 keine weitere Vergütung verlangen.
2. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht aus § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG. In § 15 Abs. 5 Satz 1 RVG wird zunächst bestimmt, dass der Rechtsanwalt, der, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt wird, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, nicht mehr an Gebühren erhält, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Gemäß § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG gilt aber die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift liegen nicht vor.
a) Es fehlt bereits an einem neuen Auftrag des Antragsgegners (so auch KG, Beschl. v. 28.10.2010 - 19 WF 174/10, juris, Rz. 3). Denn die Fortführung des Versorgungsausgleichsverfahrens gilt gebührenrechtlich - wie bereits ausgeführt - nicht als neue Angelegenheit. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass zwischenzeitlich das Mandat niedergelegt oder der Auftrag gekündigt wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 11.8.2010 - XII ZB 60/08, FamRZ 2010, 1723, Rz. 15).
b) Abgesehen davon ist der frühere Auftrag auch nicht i.S.d. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt. Zwar sind von der Aussetzung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bis zur Wiederaufnahme des Verfahrens vier Kalenderjahre vergangen. Das Ruhen des Verfahrens in diesem Zeitraum hat jedoch nicht zu einer Erledigung des Auftrages i.S.d. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG geführt. Der Auftrag war noch nicht erledigt, weil über den Versorgungsausgleich noch nicht entschieden, sondern das Verfahren insoweit ausgesetzt worden war. Bei einer Aussetz...