Leitsatz (amtlich)
1. Ein über einen Internet-Dienst an das Gericht gesandtes Faxschreiben ist wie ein vom Absender selbst versandtes Computerfax zu behandeln, so dass auf diese Weise auch ohne übermittelten Namenszug grundsätzlich eine Berufung eingelegt werden kann. Ein solches Fax erfüllt aber dann nicht die inhaltlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift, wenn in ihm keine Bezugnahme auf ein Urteil enthalten ist und der Text nur aus dem Wort "Berufung" besteht.
2. Durch eine unsignierte E-Mail kann eine Berufung nicht formwirksam eingelegt werden. Das gilt auch vor Inkrafttreten einer Verordnung nach § 41a Abs. 2 StPO. Die Rechtsprechung zum Computerfax ist insoweit nicht entsprechend anwendbar.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Entscheidung vom 02.07.2008; Aktenzeichen 12 Ns 185/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Oldenburg vom 2. Juli 2008 wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Angeklagten zur Last.
Gründe
Mit Urteil vom 9. April 2008 hat das Amtsgericht Westerstede wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen den vielfach einschlägig vorbestraften Angeklagten eine Freiheitsstrafe von acht Monaten sowie eine Sperrfrist von einem Jahr für die Erteilung einer Fahrerlaubnis verhängt. Bei der Urteilsverkündung ist der Angeklagte darüber belehrt worden, auf welche Weise er das Urteil anfechten kann.
Der Angeklagte hat am 16. April 2008, dem letzten Tag der Berufungsfrist, unter Angabe des Aktenzeichens des Verfahrens eine an die Poststelle des Amtsgerichts gerichtete und dort am selben Tag eingegangene EMail geschickt, deren Text lautet "Hiermit lege ich gegen das Urteil des AG Westerstede vom 09.04.2008 Berufung ein." Es folgen der maschinenschriftliche Name des Angeklagten und ein Zusatz "Dieses schreiben wurde am PC erstellt und ist daher auch ohne Unterschrift gültig". Eine elektronische Signatur enthält die EMail nicht.
Am selben Tag ist beim Amtsgericht Westerstede eine durch den Internetdienst freenetMail übermittelte FaxNachricht vom 16. April 2008 eingegangen, die als Absender Vor und Nachnamen des Angeklagten und eine Telefonnummer enthält, als "Betreff" das Aktenzeichen des vorliegenden Verfahrens und als "Vermerk" die Worte "Zur Kenntnisnahme" aufweist. Als Text enthält das Fax lediglich das Wort "berufung". Eine eingescannte Unterschrift oder einen Zusatz, dass eine Unterschrift technisch nicht möglich sei, enthält das Fax nicht.
Das Landgericht Oldenburg hat daraufhin am 30. Juni 2008 beschlossen, die Berufung des Angeklagten werde als unzulässig verworfen. Sie genüge wegen fehlender Unterschrift nicht der Schriftform des § 314 StPO. Die EMail vom 16. April 2008 stelle auch kein elektronisches Dokument im Sinne des § 41a StPO dar.
Die hiergegen vom Angeklagten eingelegte sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht die für die Rechtsmitteleinlegung gemäß § 314 StPO erforderliche Schriftform als nicht gewahrt angesehen.
Dies gilt zum einen für das Fax vom 16. April 2008. Seiner Übermittlungsform nach ist es wie ein sogenanntes Computerfax zu behandeln. Der Umstand, dass es nicht wie ein solches unmittelbar von einem Personalcomputer zu dem Faxgerät des Gerichtes gesandt wurde, sondern vom Absender zunächst über einen mit dem Internet verbundenen Computer zu dem Faxdienst eines InternetDienstes geleitet und sodann von dort aus zum gerichtlichen Faxgerät geschickt wurde, macht insoweit keinen erheblichen Unterschied.
Ob das hier zu beurteilende Fax in Bezug auf seine Formwirksamkeit den insoweit an ein Computerfax zu stellenden Anforderungen entspricht (s.u.), kann indessen offen bleiben. Denn es kann schon deshalb nicht als Berufungsschrift gewertet werden, weil es inhaltlich insoweit nicht den prozessualen Anforderungen von § 314 Abs. 1 StPO genügt. Denn es enthält keinerlei Bezug auf das Urteil des Amtsgerichts Westerstede vom 9. April 2008 und lässt auch keinen zweifelsfreien Anfechtungswillen erkennen. Die bloße Angabe des Aktenzeichens im "Betreff" und das einzige Wort des Textes "berufung" reichen insoweit nicht aus.
Zum anderen ist auch durch die EMail des Angeklagten mangels Schriftform keine fristgerechte Berufung eingelegt worden. Die EMail erfüllt nicht die Form, die speziell für diese elektronische Übermittlungsart in dem durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22. März 2005 (BGBl. I S. 837) eingeführten § 41a StPO gefordert wird. Danach kann eine schriftlich abzufassende Erklärung bei Gericht als elektronisches Dokument eingereicht werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist, sofern zuvor die Einreichung elektronischer Dokumente für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder der Landesregierung zugelassen worden war. Beide Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Weder weist die EMail des Angeklagten eine qualifizierte Signatur auf, noch hat das Land Niedersachsen ...