Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenskostenhilfe für den Antragsgegner im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger

 

Leitsatz (amtlich)

Für einen juristischen Laien, der als Antragsgegner im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249 ff. FamFG) den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit (Einwand "G" im Formular "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt") erhebt, ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt i.S.v. § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich.

 

Normenkette

FamFG §§ 249, 257; ZPO § 121

 

Verfahrensgang

AG Papenburg (Beschluss vom 24.06.2010; Aktenzeichen 3 FH 14/09 VKH2)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Papenburg vom 24.6.2010 geändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Antragsgegner wird Verfahrenskostenhilfe im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger unter Beiordnung von Rechtsanwältin S., D., bewilligt.

 

Gründe

I. Das Antrag stellende Land, vertreten durch den Landkreis Emsland, macht gegen den Antragsgegner aus übergegangenem Recht gem. § 7 Abs. 1 Unterhaltsvorschussgesetz im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger Ansprüche auf Kindesunterhalt für die beiden Kinder des Antragsgegners geltend.

Mit Antrag vom 30.11.2009 ist für das Kind S., geboren am ... 2003, für die Zeit vom 1.7. bis 31.12.2009 Unterhalt i.H.v. insgesamt 108 EUR, für die Zeit vom 1.1.2010 bis 30.11.2010 i.H.v. monatlich 73 EUR und für die Zeit ab 1.12.2010 i.H.v. monatlich 66 EUR verlangt worden. Für das Kind N., geboren am 2.12.2004, ist für die Zeit vom 1.7. bis 31.12.2009 Unterhalt i.H.v. insgesamt 90 EUR, für die Zeit vom 1.1.2010 bis 30.11.2010 i.H.v. monatlich 60 EUR und für die Zeit ab 1.12.2010 i.H.v. monatlich 66 EUR verlangt worden.

Der Antragsgegner hat, anwaltlich vertreten, Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt erhoben und Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten beantragt. In dem Formular "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" ist u.a. das Kästchen "G" ("Ich kann den verlangten Unterhalt ... nicht oder nicht in voller Höhe zahlen ...") angekreuzt. Im Anschluss an die Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Zweiten Abschnitt des Formulars ist im Dritten Abschnitt ("Erklärung bei Einwand G oder H") angegeben, dass der Antragsteller bereit ist, ab Januar 2010 Unterhalt i.H.v. 35 EUR monatlich an S. und i.H.v. 29 EUR monatlich an N. zu zahlen.

Das Familiengericht hat dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe bewilligt, den Antrag auf Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners jedoch abgelehnt. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.

Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts gem. § 121 Abs. 2 ZPO liegen entgegen der Ansicht des Familiengerichts vor. § 121 ZPO ist im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249 ff. FamFG) gem. § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 112 Nr. 1, § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG anwendbar.

1. Die Vorschrift des § 121 Abs. 2 ZPO sieht in Verfahren ohne Anwaltszwang eine Beiordnung vor, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Vorliegend handelt es sich gem. § 114 Abs. 4 Nr. 6 FamFG i.V.m. § 78 Abs. 3 ZPO um ein Verfahren ohne Anwaltszwang, weil gem. § 257 Satz 1 FamFG im vereinfachten Verfahren die Anträge und Erklärungen vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden können.

Die nach § 121 Abs. 2 ZPO notwendige Einzelfallprüfung setzt nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine konkrete, an den objektiven wie subjektiven Gegebenheiten des konkreten Falles orientierte Notwendigkeitsprüfung voraus. Maßgebend sind neben Umfang und Schwierigkeit der Rechtssache auch die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09, FamRZ 2010, 1427, Rz. 22 m.w.N.). Hiernach ist im vorliegenden Fall die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich.

Der Antragsgegner ist Maler und Lackierer, also juristischer Laie. Im Formular "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt", dessen sich der Antragsgegner gem. § 259 Abs. 2 FamFG bedienen muss, heißt es bei dem hier angekreuzten Kästchen "G" (Einwand nicht ausreichender Leistungsfähigkeit) unter "Wichtiger Hinweis" (vgl. Anlage 2 der Kindesunterhalt-Formularverordnung in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Kindesunterhalt-Formularverordnung vom 17.7.2009, BGBl. I, 2134 ff.):

"Dieser Einwand ist nur zulässig, wenn Sie

...

  • im dritten Abschnitt dieses Formulars erklären, in welcher Höhe Sie zur Unterhaltszahlung bereit sind (ggf. "0") und dass Sie sich insoweit verpflichten, den Unterhaltsanspruch zu erfüllen. Bei der Abgabe der Erklärung sollten Sie sich unbedingt rechtlich beraten lassen."

Die Einleitung des Dritten Abschnitts lautet:

"Das vereinfachte Verfahren will...

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