Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Zustimmung und Stimmrechtsausschluß zu baulichen Veränderungen an Hotel-Wohnungseigentumsanlage

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Unklarheiten in einer Teilungserklärung betr. die Einführung des Mehrheitsprinzips verbleibt es regelmäßig bei der in § 22 Abs. 1 WEG festgelegten Einstimmigkeit.

Das Abstimmungsverbot des § 25 Abs. 5 WEG gilt auch für Rechtsgeschäfte mit einer von dem Wohnungseigentümer als Gesellschaftergeschäftsführer mit 49/50 Anteilen gehaltenen GmbH und seine miteigentumsberechtigte mitgeschäftsführende Ehefrau.

 

Normenkette

WEG §§ 22, 25

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Entscheidung vom 14.05.1997; Aktenzeichen 8 T 915/95)

AG Westerstede (Aktenzeichen 2 b II 3/95)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3. gegen den Beschluß der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 14. Mai 1997 wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. und 2. haben die Beteiligten zu 3. zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 180.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Wohnungseigentumsanlage wird von einer GmbH, an die die Eigentümer (Beteiligte zu 1. – 3. und 6. – 23.) ihre im Sondereigentum stehenden Appartements (Zimmer mit Naßzelle) verpachtet haben, als Hotel betrieben. Beide Beteiligten zu 3. sind Miteigentümer von 5.133/10.000 Anteile der Anlage und Geschäftsführer der Pächterin, von derder Beteiligte zu 3. jedenfalls 49/50 hält. Der Beteiligte zu 5. – Sohn der Beteiligten zu 3. – hat die Beteiligte zu 4. seit 1995 in der Verwaltung der Anlage abgelöst.

Mit den Stimmen der Beteiligten zu 3. wurden die Mehrheitsbeschlüsse zu Top 5 a bis 5 d bzw. 8 a bis 8 d auf den Eigentümerversammlungen vom 24.1.1995 bzw. 8.3.1995 gefaßt, die der Pächterin einen Anbau für die Erweiterung des Gemeinschaftseigentums der Anlage ermöglichen sollten. In § 4 der Teilungserklärung ist im Hinblick auf bauliche Veränderungen u.a. folgendes geregelt:

„Verbesserungen und Veränderungen einzelner Gebäudeteile, die im Sondereigentum stehen, dürfen weder die Stabilität noch das Äußere des Gebäudes oder seiner gemeinschaftlichen Teile verändern oder beeinträchtigen.

Veränderungen an und in der Wohnanlage z.B. Um-, An- und Einbauten bedürfen, soweit dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers berührt wird, der schriftlichen Einwilligung des Verwalters. Der Verwalter muß einen Mehrheitsbeschluß der Miteigentümer zur Voraussetzung seiner Zustimmung machen.

Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum darf nur der Verwalter vornehmen oder vornehmen lassen; wesentliche Veränderungen nur, wenn sie zuvor von der Eigentümerversammlung beschlossen worden sind.”

Auf Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. haben die Vorinstanzen durch die angefochtenen hiermit in Bezug genommenen Beschlüsse diese Mehrheitsbeschlüsse für ungültig erklärt.

Dagegen wenden sich die Beteiligten zu 3. mit ihrer gem. §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG zulässigen, form- und fristgerecht eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde, der in der Sache aber der Erfolg versagt bleiben muß.

Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob bei den Einberufungen der Eigentümerversammlungen die Beschlußgegenstände in einer § 23 Abs. 2 WEG genügenden Weise hinreichend bezeichnet worden sind. Angesichts der sehr detaillierten Beschlußvorlage sowie der Bedeutung und Tragweite des Gegenstandes dürfte die ganz allgemein gehaltene Ankündigung vom 21.12.1994 über einen „Beschluß über den Anbau gemäß Ihnen zugegangener Planung mit Protokoll vom 9.12.1994” für den vorherigen Unterrichtungsbedarf der Wohnungseigentümer kaum ausreichen. Bei der Eigentümerversammlung vom 8.3.1995 mußte auf jeden Fall sichergestellt sein, daß alle Eigentümer das Erweiterungsschreiben vom 26.2.1995 mit den darin enthaltenen näheren Angaben zugegangen waren. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Erörterung.

Die angefochtenen Beschlüsse sind bereits deswegen nicht wirksam, weil sie gem. § 22 Abs. 1 WEG nicht als Mehrheitsbeschlüsse hätten ergehen dürfen, sondern einstimmig hätten gefaßt werden müssen.

Daß der Gegenstand der Beschlüsse gerichtet auf eine Erweiterung des Gemeinschaftseigentums durch einen Anbau an das bestehende Gebäude in den Anwendungsbereich fällt, für den das Gesetz Einstimmigkeit bei der Schlußfassung vorsieht, bedarf keiner weiteren Vertiefung.

Diese gesetzliche Regelung ist auch nicht durch § 4 Abs. 2 und Abs. 3 der Teilungserklärung wirksam abbedungen worden. Der Senat kann als Rechtsbeschwerdegericht diese Bestimmungen selbständig nach Wortlaut und Sinngehalt des darin Erklärten auslegen, wie es für den unbefangenen Betrachter nach der nächstliegenden Bedeutung zu verstehen ist (allgem. Ansicht, vgl. nur OLG Düsseldorf WE 1997, 344 m.w.N.). Danach regelt § 4 Abs. 2 der Teilungserklärung zunächst nur, daß für die vom Gesetz insoweit nicht vorausgesetzte schriftliche Einwilligung des Verwalters zu Veränderungen dieser Art ein entsprechender Mehrheitsbeschluß de...

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