Leitsatz (amtlich)
Das nach § 72 Abs. 2 GVG bestimmte LG ist auch für Zwangsvollstreckungsverfahren in Wohnungseigentumssachen zuständig.
Verfahrensgang
LG Aurich (Aktenzeichen 4 T 350/08) |
LG Osnabrück (Aktenzeichen 12 T 532/08) |
Tenor
Zuständig ist das LG Aurich.
Gründe
A. Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft "I." in G. und haben über die Zulässigkeit von Um- und Ausbauarbeiten, die der Schuldner im Bereich des Dachbodens vorgenommen hat, gestritten. Mit Beschluss vom 3.3.2005 hat das AG Bad Iburg den Schuldner verpflichtet, es zu unterlassen, die Wohnung Nr. ... der Teilungserklärung vom 11.12.1998 ganz oder zum Teil einem Dritten zur Benutzung zu überlassen. Die weitergehenden Anträge hat das AG zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubiger hat die 12. Zivilkammer des LG Osnabrück mit Beschluss vom 28.11.2006 die Entscheidung des AG Bad Iburg teilweise abgeändert und den Schuldner verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der Störung zu bewirken, die durch die Entfernung der Schornsteine im Haus I. in G. entstanden ist. Die Beschwerdeentscheidung ist rechtskräftig. Im März 2008 haben die Gläubiger einen Antrag nach § 887 ZPO eingereicht, den das AG Bad Iburg mit Beschluss vom 15.5.2008 zurückgewiesen hat. Diese Entscheidung haben die Gläubiger mit der sofortigen Beschwerde angegriffen. Die 4. Zivilkammer des LG Aurich hat sich mit Beschluss vom 13.8.2008 für örtlich unzuständig erklärt und die beim AG Bad Iburg eingelegte sofortige Beschwerde im schriftlichen Verfahren an das zuständige LG Osnabrück verwiesen. Die 12. Zivilkammer des LG Osnabrück hat sich daraufhin mit Beschluss vom 29.9.2008 für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren dem OLG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
B. Das LG Aurich war gem. § 36 ZPO als zuständiges Gericht zu bestimmen.
I. Das OLG Oldenburg ist gem. § 36 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts berufen. Die Vorschrift ist anwendbar. Denn § 36 ZPO erfasst alle der ZPO unterliegenden Verfahren (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. A., § 36 Rz. 2). Dazu gehört auch die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen in Wohnungseigentumssachen (Palandt/Bassenge, BGB, 67. A., Vorb v WEG 43 Rz. 8), und zwar auch soweit es Verfahren betrifft, auf die die durch Art. 1 und 2 des Gesetzes zur Änderung des WEG geänderten Vorschriften der §§ 43 - 58 a.F. in ihrer bis dahin geltenden Fassung anzuwenden sind, § 45 Abs. 3 WEG aF. Der Heranziehung von § 36 ZPO steht weiter nicht entgegen, dass zwei Gerichte unterschiedliche Ansichten über ihre Zuständigkeit im Rechtsmittelverfahren vertreten (BGH FamRZ 2001, 618, 618; OLG Oldenburg NJW-RR 2004, 499, 500 m.w.N.).
II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO liegen ebenfalls vor. Beide beteiligten Gerichte haben sich "rechtskräftig für unzuständig erklärt": Das LG Aurich hat sich durch Beschluss vom 13.8.2008 (Bd. III, Bl. 58 d.A.) für örtlich unzuständig erklärt und die beim AG Bad Iburg eingelegte Beschwerde an das LG Osnabrück verwiesen; das LG Osnabrück hat sich mit Beschluss vom 29.9.2008 (Bd. III, Bl. 60 d.A.) für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren dem OLG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Beide Gerichte haben den Beteiligten ihre Entscheidungen auch bekannt gemacht.
III. Zuständig ist das LG Aurich.
1. Die Zuständigkeit des LG Aurich folgt aus § 72 Abs. 2 GVG i.V.m. § 2a Nds. ZustVO Justiz.
a) § 72 Abs. 2 GVG ist auf Zwangsvollstreckungsverfahren in Wohnungseigentumssachen anzuwenden.
aa) § 72 Abs. 2 GVG regelt die Rechtsmittelzuständigkeit des LG in Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG und konzentriert diese auf ein einziges LG im Bezirk des OLG. Dies soll zu einer häufigeren und intensiveren Befassung der zuständigen Berufungsspruchkörper mit der komplexen Materie des Wohnungseigentumsrechts führen und so der Qualitätssteigerung der Berufungsentscheidungen und der Herausbildung einer gleichmäßigen Revisionszulassungspraxis dienen (BT-Drucks. 16/3843, 29, abgedruckt in Bärmann-Wenzel, WEG, 10. A., Anh. II; dazu auch Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten-Niedenführ, WEG, 8. A., § 43 Rz. 33).
bb) Eine solche Streitigkeit ist hier allerdings nicht unmittelbar Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Denn im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittel in einem Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO, das den §§ 793, 567 ff. ZPO unterliegt. Doch geht es um die Vollstreckung aus einem Titel, der in einem Verfahren nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG erwirkt worden ist, nämlich um eine Streitigkeit nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG a.F. bzw. § 43 Nr. 1 WEG nF. Das Verfahren nach § 887 ZPO ist also die wenn auch nicht notwendige Folge des vorangegangenen Erkenntnisverfahrens. Dies lässt es als sachgerecht erscheinen, § 72 Abs. 2 GVG auch auf Zwangsvollstreckungsverfahren aus einem Titel zu erstrecken, der in einem Verfahren nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG erlassen worden ist.
cc) Im Übrigen hat der Rech...