Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Nachzahlung von Blindengeld als einzusetzendes Vermögen. Berücksichtigung bestehender Darlehensbelastungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu dem einzusetzenden Vermögen im Rahmen der Prozesskostenhilfe gehören auch Nachzahlungen von Blindengeld.
2. Darlehensbelastungen bleiben unberücksichtigt.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3; SGB XII § 90
Verfahrensgang
AG Osnabrück (Beschluss vom 22.03.2007; Aktenzeichen 10 F 211/06 PKH2) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss des AG - FamG - Osnabrück vom 22.3.2007 geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegnerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin K., O., bewilligt, wobei sie sich an den Kosten aus ihrem Vermögen bis zu einem Betrag von 1.144 EUR zu beteiligen hat.
Gründe
Das AG hat der Antragsgegnerin uneingeschränkte Prozesskostenhilfe bewilligt, obwohl sie über ein Sparguthaben i.H.v. 4.000 EUR verfügt.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Staatskasse ist zulässig (§ 127 Abs. 3 ZPO) und in der Sache begründet. Denn die Antragsgegnerin ist verpflichtet, ihr vorhandenes Vermögen bis auf einen Betrag von 2.856 EUR für die Finanzierung der Prozesskosten einzusetzen.
Zwar hat die Antragsgegnerin diesen Betrag als Nachzahlung von Blindengeld erhalten, für das grundsätzlich die Vermutung streitet, dass ihm entsprechende finanzielle Belastungen gegenüber stehen (§§ 115 I 3 Nr. 4 ZPO, 1610a BGB), doch hat sie dieses Geld in der Zeit zwischen August 2006 und März 2007 nicht ausgeben müssen, so dass es mittlerweile einzusetzendes Vermögen ist.
Dieses Guthaben ist nicht mit einer Darlehenslast i.H.v. 1.578 EUR zu verrechnen, die die Antragsgegnerin begründet hat, weil sie im Juli 2006 einen Durchlauferhitzer erworben hat, für den sie monatliche Raten i.H.v. 28 EUR aufwendet. Denn wegen des Begriffes des Vermögens verweist § 115 ZPO auf § 90 SGB XII, so dass der sozialhilferechtliche Vermögensbegriff maßgeblich ist (Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 115 Rz. 49). Nach § 90 SGB XII ist jedoch - von Ausnahmen nach § 90 Abs. 2 SGB XII abgesehen - das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Deshalb wird das Vermögen nicht durch Saldierung von Aktiva und Passiva ermittelt, sondern es gilt das sog. Bruttoprinzip, nach dem immer auf den konkret zu verwertenden Vermögensgegenstand abzustellen ist. Schulden, die bei einem Hilfeempfänger vorhanden sind, bleiben unberücksichtigt (Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, § 90 Rz. 11 m.w.N.). Aus diesem Grunde kann die bestehende Darlehenslast nicht von dem vorhandenen Guthaben abgezogen werden.
Unter Berücksichtigung eines vorhandenen Guthabens i.H.v. 4.000 EUR verbleiben nach Abzug der Freibeträge für die Antragsgegnerin und das von ihr betreute Kind einzusetzende 1.144 EUR. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Beschwerdebegründung vom 26.4.2007 Bezug genommen.
Fundstellen
Haufe-Index 1874180 |
OLGR-Nord 2008, 225 |