Leitsatz (amtlich)
Die in einen Bewährungsbeschluss aufgenommene Anweisung, jeden Wohnungswechsel dem Gericht mitzuteilen, ist in aller Regel keine Weisung im Sinne von § 56c StGB. Verstößt der Verurteilte hiergegen, so ist deshalb und weil sich aus dem Verstoß regelmäßig keine Besorgnis neuer Straftaten gewinnen lässt, eine Verlängerung der Bewährungsfrist nach § 56f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB nicht zulässig.
Auf § 56a Abs. 2 Satz 2 StGB kann eine Bewährungsfristverlängerung in einem solchen Fall nur gestützt werden, wenn die Fristverlängerung der Resozialisierung dient und noch innerhalb der Bewährungszeit angeordnet wird.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Entscheidung vom 19.11.2007; Aktenzeichen 7 BRs 2804) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der 7. großen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 19. November 2007, durch den die Bewährungszeit um 1 Jahr verlängert worden ist, aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und dem Verurteilten insoweit entstandene notwendige Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Der Verurteilte ist durch Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 2. März 2004 wegen Verstoßes gegen das GmbHGesetz in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
In dem seit dem 28. Juli 2004 rechtskräftigen Bewährungsbeschluss ist die Dauer der Bewährungszeit auf 3 Jahre festgesetzt und der Verurteilte angewiesen worden, 3.600 EUR an die Staatskasse zu zahlen und dem Gericht jeden Wechsel seines Wohn und Aufenthaltsortes unaufgefordert anzuzeigen. Der Verurteilte hat die Geldzahlung erbracht, einen Wohnungswechsel aber nicht angezeigt. Das Landgericht hat deshalb mit Beschluss vom 19. November 2007 die Bewährungszeit um ein Jahr verlängert.
Die hiergegen gerichtete zulässige Beschwerde des Verurteilten hat Erfolg. Für eine Verlängerung der Bewährungszeit fehlt eine gesetzliche Grundlage.
Das Landgericht hat seine Entscheidung zu Unrecht auf § 56f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB gestützt. Diese Vorschrift setzt ein Bewährungsversagen im Sinne von § 56f Abs. 1 StGB voraus. Als solches kommt hier allein ein gröblicher oder beharrlicher Verstoß gegen eine Weisung gemäß § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB in Betracht.
Die in den Bewährungsbeschluss aufgenommene Verpflichtung des Verurteilten zur Anzeige von Wohnungswechseln ist indessen schon keine Weisung in diesem Sinne. Solche sind nur die gemäß § 56c StGB erteilten Weisungen für die Lebensführung der verurteilten Person, die einer solchen Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Eine Wohnungsmeldepflicht fällt in der Regel nicht hierunter, vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl., 456 c Rdn 6. OLG Köln 2 Ws 12306 nach [...]. Eine derartige Anweisung wird als solche allenfalls in seltenen Ausnahmefällen eine Weisung als Hilfestellung im Sinne von § 56c Abs. 1 StGB darstellen, wenn nämlich bereits durch sie eine hilfreiche Einwirkung erreicht werden kann und soll. Im vorliegenden Fall ist dergleichen nicht gegeben. Hier sollte mit der Anweisung, jeden Wohnungswechsel mitzuteilen, vielmehr ersichtlich nur bewirkt werden, dass der Verurteilte für das Gericht erreichbar blieb.
Unabhängig davon kann die angefochtene Entscheidung auch aus einem weiteren Grund nicht auf § 56f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB gestützt werden. Denn das Nichtbefolgen einer Weisung rechtfertigt eine der verurteilten Person ungünstige nachträgliche Bewährungsentscheidung stets nur unter der weiteren Voraussetzung, dass die verurteilte Person gerade wegen des Weisungsverstoßes Anlass zu der Besorgnis gibt, sie werde erneut Straftaten begehen. Eine solche Besorgnis wird sich aus dem bloßen Verstoß gegen die Weisung, jeden Wohnungswechsel anzuzeigen, allenfalls ganz ausnahmsweise gewinnen lassen. Im vorliegenden Fall ergibt sich dafür keinerlei Anhaltspunkt. Das Landgericht hat dazu auch keine Ausführungen gemacht.
Die angefochtene Entscheidung kann auch nicht auf § 56a Abs. 2 Satz 2 StGB gestützt werden. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht nach seinem Ermessen die Bewährungszeit nachträglich verkürzen oder vor ihrem Ablauf bis auf das Höchstmaß verlängern. Im vorliegenden Fall war die Bewährungszeit indessen schon am 27. Juli 2007 und damit vor Erlass des angefochtenen Beschlusses vom 19. November 2007 abgelaufen. Ob die verurteilte Person zuvor auf eine mögliche Bewährungszeitverlängerung hingewiesen wurde, ist für die Anwendung von § 56a Abs. 2 Satz 2 StGB wegen des eindeutigen Gesetzeswortlautes anders als bei einer Bewährungszeitverlängerung nach § 56f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB, die u.U. auch nach Ablauf der Bewährungszeit möglich ist -unerheblich.
Im Übrigen wäre eine Verlängerung der Bewährungszeit nach § 56a Abs. 2 Satz 2 StGB hier auch ermessensfehlerhaft gewesen. Diese Vorschrift bezweckt, durch geeignete Maßnahmen die Lebensführung des Verurteilten zu beeinflussen, um dadurch zu seiner Resozialisierung beizutragen, vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1991, 53 unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmot...