Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch des biologischen Vaters gegen die Kindesmutter
Leitsatz (amtlich)
Auskunftsanspruch des biologischen Vaters gegen die Kindesmutter bezüglich des Mannes, der die Vaterschaft anerkannt hat zur Vorbereitung einer Vaterschaftsanfechtung.
Normenkette
BGB §§ 242, 1600 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Lingen (Urteil vom 25.11.2009; Aktenzeichen 20 F 1087/09 KI) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.11.2009 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Lingen (Ems) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 3.000 EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten als Mutter des am ...2009 geborenen Kindes F. Auskunft über den Namen des Mannes, der die Vaterschaft für F. anerkannt hat.
Die Parteien führten von Januar 2008 bis Mai 2008 eine Beziehung. Die Beklagte äußerte sowohl ggü. dem Kläger als auch gegenüber Dritten, der Kläger sei der Vater des Kindes. Als der Kläger nach der Geburt die Vaterschaft anerkennen wollte, erhielt er vom Jugendamt die Auskunft, ein anderer Mann habe die Vaterschaft bereits anerkannt. Den Namen des Mannes wolle man ihm aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht nennen.
Die Beklagte sieht keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Auskunft. Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung verletze sie in ihrer verfassungsrechtlich geschützten Intimsphäre. Hinzu komme, dass der (rechtliche) Vater zu dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung habe, so dass eine Vaterschaftsanfechtung nach § 1600 Abs. 2 BGB nicht möglich wäre. Der Vater besuche den Sohn regelmäßig, Entscheidungen würden gemeinsam getroffen.
Das AG hat der Klage stattgegeben. Ein Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 242 BGB. Die Angaben zu dem behaupteten sozial-familiären Verhältnis zwischen Kind und rechtlichem Vater habe die Beklagte auch nach Hinweis des Gerichts nicht näher beschrieben.
Mit der Berufung trägt die Beklagte ergänzend vor, dass der Kläger nicht rechtlos gestellt würde, könnte er von ihr keine Auskunft verlangen. Ihm stünde das Recht zu, nach § 62 Personenstandsgesetz Auskunft aus dem Geburtsregister zu erhalten. Hätte der Gesetzgeber einen Auskunftsanspruch für den nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB anfechtungsberechtigten Mann schaffen wollen, hätte er ihn bei der Reform des Anfechtungsrechts in das Gesetz eingefügt. Davon habe der Gesetzgeber jedoch abgesehen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des AG vom 25.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag und legt ein Schreiben des Standesamts der Stadt L. vom 14.4.2010 an seine Prozessbevollmächtigte vor, mit dem sein Antrag auf Einsicht in die Personenstandsurkunden zurückgewiesen wurde.
II. Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Denn der Kläger hat einen aus den Grundsätzen des § 242 BGB herzuleitender Auskunftsanspruch gegen die Beklagte auf Nennung des Namens und der Anschrift des Mannes, der die Vaterschaft für das Kind Felix urkundlich anerkannt hat.
Der Kläger stützt sein Auskunftsbegehren auf eine beabsichtigte Anfechtung der Vaterschaft. Er geht davon aus, der biologische Vater des Kindes zu sein. § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB gibt dem Mann, der - wie der Kläger - an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt zu haben, ein Recht zur Anfechtung der Vaterschaft eines anderen Manns. Das Gesetz schränkt die Anfechtung nur dann ein, wenn eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem (rechtlichen) Vater besteht, § 1600 Abs. 2 BGB.
Ein gesetzlicher Auskunftsanspruch des nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB anfechtungsberechtigten Mannes gegen die Kindesmutter ist bei der Einführung des Anfechtungsrechts durch das Gesetz vom 23.4.2004 nicht normiert worden. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass ein solcher Anspruch nicht besteht. Auch der vergleichbare Anspruch des Scheinvaters gegen die Kindesmutter auf Benennung des biologischen Vaters ist nämlich nicht in den Vorschriften über die Vaterschaftsanfechtung gesetzlich geregelt worden, sondern wird - soweit er als solcher anerkannt wird - als allgemeiner Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben hergeleitet (vgl. etwa LG Heilbronn FamRZ 2005, 474; LG Ansbach NJW-RR 1993, 135; LG Paderborn NJW-RR 1992, 966; Palandt/Diederichsen, BGB, Einf. v. § 1591 Rz. 4). Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der uneinheitlichen Rechtsprechung zu dem Auskunftsanspruch des Scheinvaters eine Regelung darüber bei der Reformierung des Anfechtungsrechts nicht getroffen oder sich damit auseinandergesetzt, was zu erwarten gewesen wäre, wenn er mit der Neuregelung des Anfechtungsrechts auch eine Regelung der Auskunftsrechte verbunden hätte. Es kann daher nicht unterstellt werden, dass die Nichtaufnahme eines gesetzlichen Auskunftsrechts des nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB Anfechtungsberechtigten eine gesetzgeb...