Leitsatz (amtlich)

1. Der Versicherungsnehmer hat einen Anspruch auf die Erteilung einer vorherigen Deckungszusage des Versicherers, wenn der Arzt wegen der hohen Kosten den Beginn der Behandlung davon abhängig macht.

2. Zur Prüfung, ob die Behandlung mit einem neu zugelassenen Medikament, das lebenslang eingenommen werden müsste und monatliche Kosten von ca. 35.000 EUR verursachen würde, medizinisch notwendig ist, ist der Versicherer berechtigt, einen externen Gutachter zu beauftragen. Dass sich der erforderliche Zeitaufwand für die nötigen Erhebungen hierdurch um 20 Tage verlängert, ist auch dann hinzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer unter einer zwar latent aber nicht akut lebensbedrohlichen Krankheit leidet.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Aktenzeichen 13 O 2498/08)

 

Gründe

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch nicht anfechtbaren einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

II. Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

A. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Freistellung von einer Gebührenforderung seines jetzigen Prozessbevollmächtigten.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 1.1.2004 eine Krankenversicherung. Im Herbst 2006 erkrankte der Kläger an der seltenen und in 50 % der Fälle innerhalb von 10 bis 15 Jahren nach der Diagnose tödlich verlaufenden paroxysmalen nächtlichen Hämoglubinurie (PNH). Aufgrund dieser Erkrankung wurde der Kläger bis zum November 2007 fast zweiwöchentlich mit Bluttransfusionen behandelt.

Am 20.6.2007 wurde zur Behandlung der PNH ein neues Medikament - "Soliris" - seitens der zuständigen europäischen Arzneimittelagentur zugelassen. Da auch die Behandlung der Erkrankung des Klägers mit Soliris erfolgen sollte, schrieb der behandelnde Arzt Dr. ... am 20.8.2007 die Beklagte an und bat um Kostenzusage. Dort heißt es: "... Dieses Medikament wird unter dem Namen Soliris geführt und von der Fa. Alexion Pharma Germany vertrieben. Herr ... hat in Anbetracht des klinischen Verlaufs alle Voraussetzungen und die Indikation, um dieses zugelassene Medikament zu erhalten. Wir bitten um schriftliche Kostenübernahmeerklärung Ihrer Krankenversicherung." Die Beklagte antwortete mit Schreiben an den Kläger vom 19.9.2007, dass der Leistungsantrag geprüft werde und die Einholung eines extern erstellten Gutachtens beabsichtigt sei. Der Kläger reagierte darauf mit Schreiben vom 25.9.2007, welches der Beklagten am 26.9.2007 per Fax zuging. In dem Schreiben verwies der Kläger hinsichtlich der Erkrankung und der Indikation zur Medikation auf ein anliegendes Schreiben seines behandelnden Arztes und setzte der Beklagte eine Frist zur Erklärung der Kostenübernahme bis zum 5.10.2007.

Am 8.10.2007 beauftragte der Kläger seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten. Dieser setzte mit Schreiben vom 8.10.2007 der Beklagten eine Frist zur Erklärung der Kostenübernahme bis zum 18.10.2007. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 18.10.2007 die Kostenübernahme befristet bis zum 31.12.2007. Am 14.12.2007 erklärte die Beklagte die unbeschränkte Kostenübernahme.

Der Kläger macht geltend, dass ihm sein Prozessbevollmächtigter für seine Tätigkeit 10.726,66 EUR in Rechnung gestellt habe. Der Prozessbevollmächtigte lege eine 1,5fache Geschäftsgebühr bei einem Streitwert von 1.470.000 EUR zugrunde. Den Streitwert errechne er gem. § 9 ZPO nach dem 3,5fachen Jahreswert der Behandlungskosten, die er mit monatlich 35.000 EUR angesetzt habe.

Die 13. Zivilkammer des LG Oldenburg hat die Klage mangels Verzugs der Beklagten abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

B. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Einer Haftung der Beklagten auf Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB steht entgegen, dass sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten des Klägers am 8.10.2007 mit ihrer Pflicht zur Erklärung einer Deckungszusage nicht in Verzug befand.

Der Kläger hat die Beklagte nicht in verzugsbegründender Weise gemahnt. Zwar war dem Schreiben des Klägers vom 25.9.2007, per Fax zugegangen am 26.9.2007, unmissverständlich zu entnehmen, dass der Kläger die Beklagte unter Setzung einer Frist bis zum 5.10.2007 aufforderte, die geschuldete Leistung - die Deckungszusage - zu erbringen. Eine Mahnung kann jedoch erst nach dem Eintritt der Fälligkeit ausgesprochen werden (BGH NJW 1980, 1955, 1956; Ernst in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 286 Rz. 52; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 286 Rz. 16). Eine vor der Fälligkeit...

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