Verfahrensgang
LG Oldenburg (Entscheidung vom 30.08.2021; Aktenzeichen 13 Ns 243/21) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Vorsitzenden der 13. kleinen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 30. August 2021 aufgehoben.
Dem Angeklagten wird Rechtsanwalt Dr. BB, Ort2, zum Verteidiger bestellt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und insoweit dem Angeklagten entstandene notwendige Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
Den in der Hauptverhandlung am 22. Juni 2021 gestellten Antrag des Angeklagten, ihm Rechtsanwalt BB zum Pflichtverteidiger zu bestellen, hatte das Amtsgericht Vechta abgelehnt. Seinen erneuten Antrag auf Verteidigerbestellung, in die die nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens hiergegen angebrachte Beschwerde des Angeklagten vom 22. Juni 2021 nach Vorlage der Akten an die Berufungskammer umzudeuten war (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 142 Rz. 64), hat der Vorsitzende der Berufungskammer mit Beschluss vom 30. August 2021 ebenfalls zurückgewiesen. Gegen diese dem Verteidiger am 6. September 2021 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 7. September 2021 eingegangene sofortige Beschwerde des Angeklagten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgenannte Entscheidung sowie die Schriftsätze Bezug genommen.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 142 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. § 311 StPO) und hat auch in der Sache Erfolg.
Einem Beschuldigten ist gemäß § 140 Abs. 2 StPO unter Anderem dann ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn dies wegen der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge geboten erscheint. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die zutreffende Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft, die hierzu ihrer Stellungnahme vom 16. September 2021 u.a. ausgeführt hat:
"Bei der Prüfung der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolgen kommt es entscheidend auf die Bedeutung des Verfahrens für den Angeklagten an, wobei neben der Höhe der zu erwartenden Freiheitsstrafe auch Maßregeln der Besserung und Sicherung, Nebenfolgen oder mittelbare Nachteile in die Entscheidung einzubeziehen sind. Mittelbare Folgen einer Verurteilung kommen namentlich infrage bei der Verurteilung eines Beamten zu einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr mit dem einhergehenden Verlust des Beamtenstatus oder bei anderen erheblichen Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit. Weitere Auswirkungen der zu erwartenden Strafe auf das Leben des Angeklagten kommen nur dann in Betracht, wenn sich diese mit Bestimmtheit absehen lassen, insbesondere wenn sie eine sichere Rechtsgrundlage haben (OLG Hamburg, NStZ 1984, 281).
So liegt es hier. Bei dem dem Angeklagten vorgeworfenen Vergehen gemäß § 82 Abs. 1 Nr.1 GmbHG handelt sich um einen gesetzlichen Ausschlussgrund im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 lit c) GmbHG, der unabhängig von der Höhe der zu verhängenden Strafe eintritt. Dementsprechend ist es unerheblich, dass der Angeklagte AA erstinstanzlich durch das Amtsgericht in Vechta (lediglich) zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen verurteilt worden ist. Er war zur Tatzeit bzw. ist weiterhin, so hat es das Amtsgericht Vechta in den Feststellungen zur Person erörtert, Geschäftsführer und Anteilseigner der Speditionsfirma CC GmbH. Hierbei handelt es sich, nach dem unwiderlegbaren Vortrag der Verteidigung, um seinen "alleinigen Broterwerb". Mit einer zweitinstanzlichen Verurteilung ginge der Verlust seiner bisherigen Erwerbstätigkeit als Geschäftsführer und Anteilseigner der genannten Spedition einher."
Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten war daher der Beschluss des Vorsitzenden der 13. kleinen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 30. August 2021 aufzuheben und ihm Rechtsanwalt Dr. BB zum Pflichtverteidiger zu bestellen.
Die Kostenentscheidung entspricht § 467 Abs. 1 StPO.
Fundstellen
Dokument-Index HI14950061 |