Leitsatz (amtlich)
1. Zulässigkeit eines Vorbehaltsurteils im Bauprozess.
2. Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Abnahme von Bauleistungen.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 11.02.2008; Aktenzeichen 2 O 1768/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 11.2.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Osnabrück hinsichtlich Ziff. 1.) und 3.) des Urteilstenors aufgehoben.
Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG Osnabrück zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben in den Niederlanden.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das LG hat durch Teil- und Vorbehaltsurteil entschieden. Es hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger und die Drittwiderbeklagte als Mitgläubiger 67.457 EUR nebst Zinsen zu zahlen; diese Entscheidung ist unter Vorbehalt der von dem Beklagten erklärten Aufrechnungen mit Gegenforderungen i.H.v. 52.434,90 EUR, 3.288,60 EUR und 19.374,60 EUR ergangen. Weitergehende Haupt- und Hilfsanträge des Klägers hat das LG abgewiesen. Die von dem Beklagten erhobene Wider- und Drittwiderklage hat es als unzulässig verworfen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten.
Der Beklagte hält eine Entscheidung durch Vorbehaltsurteil aus prozessualen Gründen für unzulässig. Weiter vertritt er die Auffassung, dass das LG zu Unrecht einen Anspruch aus § 649 BGB verneint habe; das LG habe die Beweisaufnahme fehlerhaft gewürdigt. Die Wider- und Drittwiderklage habe das LG nicht als unzulässig verwerfen dürfen.
Der Beklagte beantragt,
1. das angefochtene Urteil hinsichtlich Ziff. 1) des Tenors (Verurteilung zur Zahlung unter Vorbehalt der Aufrechung) zu ändern und die Klage abzuweisen,
2. das angefochtene Urteil hinsichtlich Ziff. 3) des Tenors (Wider- und Drittwiderklage) zu ändern und den Kläger sowie die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, die für das Bauvorhaben des Klägers sowie der Drittwiderbeklagten in W., R., Niederlande, von dem Beklagten erstellten Bauarbeiten abzunehmen,
3. hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
Der Kläger und die Drittwiderbeklagte beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigen das angefochtene Urteil. Das Verfahren des LG sei nicht zu beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren bis einschließlich 26.6.2008 eingereichten vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat im Umfang der Anfechtung durch den Beklagten insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils hinsichtlich Ziff. 1.) und 3.) des Urteilstenors und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges führt.
Das angefochtene Urteil leidet an wesentlichen Verfahrensmängeln; es ist eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme notwendig, die das LG (vgl. den Beweisbeschluss vom 11.2.2008) auch bereits durchführt. Einer gleichzeitigen Aufhebung des zugrunde liegenden Verfahrens bedarf es nicht, weil die Mängel das Urteilsverfahren betreffen, die erstinstanzlich bisher getroffenen Feststellungen also weiterhin Entscheidungsgrundlage sein können (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 538 Rz. 57). Den gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderlichen Zurückverweisungsantrag hat der Beklagte gestellt.
1. Das LG hätte nicht durch Vorbehaltsurteil entscheiden dürfen.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH BGHZ 165, 134 ff.; BauR 2007, 2052 ff.) darf ein Vorbehaltsurteil gem. § 302 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht ergehen, wenn Unternehmer und Besteller desselben werkvertraglichen Rechtsverhältnisses im Wege von Klage und Aufrechnung um die Zahlung von Werklohn und Mängelbeseitigungs- und/oder Fertigstellungskosten streiten. Das hat seinen Grund darin, dass das Vorbehaltsurteil zu einer vorübergehenden Aussetzung einer materiell-rechtlich begründeten Aufrechnung führt und bei begründeter Aufrechnung zur Folge hat, dass der Kläger einen Titel über eine Forderung erhält, die tatsächlich infolge der Aufrechnung nicht besteht. Werklohn- und Mängelansprüche dienen dazu, das durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung herzustellen. Deren synallagmatische Verknüpfung würde aufgehoben werden, wenn eine Partei durch ein Vorbehaltsurteil die Möglichkeit erhielte, ihre Forderung ohne Erbringung der Gegenleistung durchzusetzen.
Diese Erwägungen treffen auf den hier zu entscheidenden Fall zu. Der Kläger verlangt die Rückzahlung angeblich zu viel gezahlten Werklohns sowie den Ersatz von Mängelbeseitigungskosten. Der Beklagte verlangt die Zahlung von Werklohn und von ih...