Entscheidungsstichwort (Thema)

Einziehung. Kurier. Verfügungsgewalt. Transitorischer Besitz. Betäubungsmittelhandel

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der faktischen Verfügungsgewalt des Kuriers beim Transport des Veräußerungserlöses aus Betäubungsmittelgeschäften als Grundlage für die Einziehung erlangter Vermögenswerte in Abgrenzung zum sogenannten transitorischen Besitz

 

Normenkette

StGB §§ 73, 73c

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Entscheidung vom 03.01.2023; Aktenzeichen 5 Ns 111/22)

 

Tenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 3. Januar 2023 hinsichtlich der Einziehungsentscheidung dahingehend geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 12.950,00 € angeordnet wird.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Angeklagte.

 

Gründe

Das Amtsgericht Osnabrück - Schöffengericht - hatte den Angeklagten am 20. Juni 2022 wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Weiter hatte das Amtsgericht die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 12.950,00 € angeordnet.

Dieses Urteil hat das Landgericht Osnabrück - 5. kleine Strafkammer - auf die Berufung des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft durch Urteil vom 3. Januar 2023 im Rechtsfolgenausspruch teilweise aufgehoben und insgesamt dahingehend neu gefasst, dass der Angeklagte wegen Veräußerns von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Veräußerns von Betäubungsmitteln in 18 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Lingen (Ems) vom 8. März 2022 zum Aktenzeichen 7 Cs 12/21 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird. Weiter hat das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterlangtem in Höhe von 1.700,00 € angeordnet. Die weitergehenden Berufungen hat die Strafkammer verworfen und die Kosten des Verfahrens dem Angeklagten auferlegt. Während der Berufungshauptverhandlung ist es hinsichtlich eines Vorwurfes (Tat zu II. 20. aus dem amtsgerichtlichen Urteil - Vorwurf der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) zu einer beidseitigen Beschränkung der Berufungen auf den Rechtsfolgenausspruch gekommen.

Gegen das Urteil des Landgerichts richtet sich die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte und auf die Einziehungsentscheidung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft. Die zunächst ebenfalls gegen das landgerichtliche Urteil geführte Revision des Angeklagten hat der Senat bereits durch Beschluss vom 27. April 2023 gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe verworfen, dass der Tenor des angefochtenen Urteils im Schuldspruch dahingehend abgeändert wird, dass der Angeklagte der Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des Veräußerns von Betäubungsmitteln in 18 Fällen schuldig ist.

Die Staatsanwaltschaft begehrt mit ihrer Revision in dem beschränkten Umfang die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Osnabrück. In dem angegriffenen Urteil sei zu Unrecht die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von weiteren 11.250 € unterblieben.

1.

Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte der Angeklagte zunächst in 18 Fällen Betäubungsmittel an eine andere Person und erlangte dadurch einen Betrag in Höhe von insgesamt 950,00 €.

In den Nachmittagsstunden des 18. Januar 2021 lieferte der Angeklagte zudem im Auftrag eines Niederländers mit seinem PKW mindestens 3.512,87 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 657,01 Gramm THC an BB, welcher zuvor ein entsprechendes Geschäft zwischen dem Niederländer und einer anderen Tätergruppierung um die Herren CC, DD und EE organisiert hatte. Der Angeklagte fuhr zunächst unter Mitnahme der Betäubungsmittel von Nordhorn zu der Wohnanschrift des BB nach Osnabrück, wo auch die Herren CC und DD erschienen. Alle Personen fuhren sodann an die Wohnanschrift des DD, wo der CC die Tasche mit den Betäubungsmitteln aus dem Fahrzeug des Angeklagten entnahm und in die Wohnung verbrachte. Nach Übergabe der Betäubungsmittel erhielt der Angeklagte hierfür mindestens 12.000 €, die er in der Folge - nach der Rückfahrt nach Nordhorn noch taggleich - an den Niederländer übergab. Als Lohn für die Kurierfahrt erhielt er aus den 12.000 € einen Betrag in Höhe von 750 €.

Dem Angeklagten war in Kenntnis der Betäubungsmitteleigenschaft bewusst, dass er durch sein Handeln den Betäubungsmittelhandel des Niederländers sowie der die Betäubungsmittel abnehmenden Tätergruppierung förderte und nahm dies jedenfalls billigend in Kauf. Er war zuvor kurzfristig als Ersatz für einen andere...

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