Leitsatz (amtlich)
Normierung der Beitragserstattungspflicht des Bundes nach Maßgabe des § 179 Abs. 1a S. 1 SGB VI.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 30.11.2005; Aktenzeichen 10 O 3682/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.11.2005 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Osnabrück geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Das klagende Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das klagende Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Das klagende Land, das im Berufungsrechtszug in den Rechtsstreit eingetreten ist, nimmt die Beklagte in Prozessstandschaft für die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz aus übergegangenem Recht in Anspruch.
Am 22.3.1996 wurde die seinerzeit 19 Jahre alte Frau G. bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners für die eingetretenen materiellen Schäden zu 55 % einzustehen hat. Frau G. ist seit dem 17.8.2000 in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt. Die Bundesrepublik hatte dem Heimträger für von diesem im Zeitraum Januar 2001 bis Sep-tember 2004 für Frau G. gezahlte Rentenversicherungsbeiträge gem. § 179 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Beitragsanteile im Umfang von 14.209,02 EUR erstattet. Hiervon macht das klagende Land gem. § 179 Abs. 1a Satz 2 SGB VI die Haftungsquote von 55 % geltend, mithin 7.814,96 EUR.
Die 10. Zivilkammer des LG Osnabrück hat mit ihrem am 30.11.2005 verkündeten Urteil der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Mit ihrer zulässigen Berufung macht die Beklagte eine Rechtsverletzung nach Maßgabe der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO geltend.
Sie trägt vor:
Bei den dem Heimträger von der Bundesrepublik Deutschland erstatteten Rentenversicherungsbeiträgen handele es sich nicht um einen Schaden der verletzten Frau G. Für Beitragserstattungen aufgrund sozialgesetzlicher Bestimmungen habe sie nicht einzustehen. Frau G. hätte in dem Beitragszeitraum von Januar 2001 bis September 2004 ohne den Unfall keine Rentenversicherungsbeiträge gezahlt. Ohne den Unfall wäre Frau G. überhaupt nicht erwerbstätig und damit niemals rentenversicherungsbeitragspflichtig geworden. Demgemäß sei ihr ein als ersatzfähiger Schaden einzuordnender unfallbedingter Beitragsausfall nicht entstanden.
Die Beklagte beantragt, das am 30.11.2005 verkündete Urteil des LG Osnabrück abzuändern und die Klage abzuweisen.
Das klagende Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Es vertritt die Auffassung, die erstatteten Rentenversicherungsbeiträge seien der Schadensgruppe der vermehrten Bedürfnisse zuzuordnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Der antragsgemäße Eintritt des klagenden Landes in den Rechtsstreit ohne Widerspruch der Beklagten an die Stelle seiner nicht parteifähigen Vertreterin ist gem. § 533 ZPO zulässig.
Die zulässige Berufung der Beklagten führt in der Sache zum Erfolg.
Der ggü. der Vertreterin des klagenden Landes durch das angefochtene Urteil errichtete Zahlungstitel zugunsten der Bundesrepublik Deutschland hat keinen Bestand. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Bundesrepublik die dem Heimträger für die unfallverletzte G. erstatteten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe der Haftungsquote von 55 % zu ersetzen. Denn das für die Bundesrepublik in Prozessstandschaft klagende Land hat nicht hinreichend dargetan, dass es sich bei den erstatteten Rentenversicherungsbeiträgen um einen übergegangenen Schaden der Frau G. handelt.
Gemäß § 179 Abs. 1a Satz 2 SGB VI macht die nach Landesrecht für die Erstattung von Aufwendungen für die gesetzliche Rentenversicherung der in Werkstätten beschäftigten behinderten Menschen zuständige Stelle den "auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhenden - auf den Bund übergegangenen - Anspruch auf Ersatz eines Schadens" nach Satz 1 geltend, soweit der Bund aufgrund des Schadensereignisses dem Träger der Einrichtung Erstattungsleistungen nach § 179 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erbracht hat. § 179 Abs. 1a Satz 1 SGB VI bewirkt folglich eine Legalzession, die einen Schadensersatzanspruch der Verletzten auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung voraussetzt.
Mag der Bund dem Heimträger die für Frau G. gezahlten Rentenversicherungsbeiträge, die auf den Betrag zwischen ihrem tatsächlich erzielten monatlichen Arbeitsentgelt und 80 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße entfallen, aufgrund des Schadensereignisses erstattet haben, weil Frau G. ohne den Unfall nicht in der beschützenden Werkstatt für behinderte Menschen gearbeitet hätte, so handelt es sich bei...