Leitsatz (amtlich)
Wird ein Gebäude unter nicht aufklärbaren Umständen von mehreren Kindern in Brand gesetzt, so kommt eine Haftung - auch unter dem Gesichtspunkt einer psychischen Beihilfe sowie nach § 830 BGB - jedenfalls desjenigen Kindes und seiner Eltern nicht in Betracht, von dem nicht mehr als seine bloße Anwesenheit bei der Brandlegung festgestellt werden kann.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 25.03.2004; Aktenzeichen 5 O 509/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.3.2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Osnabrück geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vor der Vollstreckung leistet.
Gründe
Die Klägerin nimmt als Feuerversicherer die Beklagte aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 6.11.2001 geriet gegen 17:45 Uhr das auf dem Grundstück E. in O. befindliche Gebäude der geschädigten Zeugen G. und C.H. in Brand. Bei dem Gebäude handelt es sich um eine Einzelgarage mit Spitzdach und kleinem Pferdestall. Der Dachstuhl, der als Speicher diente, war nur durch eine 1,5 m × 1 m große Tür über eine von außen anzulegende Leiter erreichbar. Nach den Feststellungen der Feuerwehr hat der Brand vom Dachstuhl aus seinen Anfang genommen. Seinerzeit stand die Tür zum Dachstuhl offen und es war eine Aluminiumleiter angelehnt.
Die Klägerin, die den Schaden der Zeugen H. reguliert hat, nimmt die Beklagte als Mutter des Zeugen M. B., geb. am 8.3.1995, wegen Verletzung der Aufsichtspflicht auf Schadensersatz in Anspruch. Sie hat behauptet, der Schaden sei durch den Sohn der Beklagten verursacht worden. Dieser habe zusammen mit dem Zeugen K.K., geb. am 30.3.1993, den Brand des Dachstuhls verursacht. M.B. habe mit Hilfe zweier der Beklagten entwendeter Feuerzeuge auf dem Dachstuhl ein Papiertaschentuch in Brand gesetzt und dadurch den eingetretenen Schaden herbeigeführt.
Mit der Behauptung, sie habe auf der Grundlage eines Schadensgutachtens an die geschädigten Versicherungsnehmer einen Betrag von 21.411,77 Euro gezahlt, hat die Klägerin die Eltern der beiden beteiligten Kinder wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Anspruch genommen. Die Mutter des Zeugen K.K. ist durch rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid des AG Hannover vom 21.1.2003 zur Zahlung von 21.411,77 Euro nebst Zinsen verurteilt worden.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte als Gesamtschuldnerin neben der durch Vollstreckungsbescheid des AG Hannover vom 21.1.2003 - 406 B 040227/02 - verurteilten E.K. zu verurteilen, an sie 21.411,77 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 10.12.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat eine Verursachung des Brandes durch ihren Sohn bestritten und behauptet, dieser habe das Geschehen nur von außen beobachtet. Feuerzeuge seien für ihren Sohn im Haushalt nicht frei zugänglich. Sie habe ihn auch nachdrücklich über den Umgang mit Feuer und über die Gefahren, die von Feuer ausgehen können, belehrt.
Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen die Beklagte wegen Verletzung der ihr obliegenden Aufsichtspflicht, § 832 I BGB, antragsgemäß verurteilt.
Das LG ist aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass der Zeuge M.B. an der Brandstiftung beteiligt gewesen sei. Aufgrund der Aussagen der Zeugen K.K., M.B. und H. lasse sich nur sicher feststellen, dass beide Jungen am Tattag zusammen und im Besitz zumindest eines Feuerzeugs gewesen seien. Beide seien über die vor dem Stall stehende Leiter durch die offene Tür auf den Dachboden des Stalles geklettert. Dort habe einer von ihnen mit dem mitgebrachten Feuerzeug einen brennbaren Gegenstand angezündet. Wer das gewesen sei, sei ungeklärt geblieben. Jedenfalls habe der andere den Zündelnden zumindest in der Weise unterstützt, dass dieser ohne seine Anwesenheit nicht gezündelt hätte. Der Sohn der Beklagten habe, selbst wenn er nicht das Feuerzeug zum Inbrandsetzen benutzt habe, zumindest den Zeugen K. in Kenntnis des Umstandes begleitet, dass dieser die Idee gehabt habe, mit einem zuvor gefundenen Feuerzeug etwas anzuzünden. Zwar könne dem Sohn der Beklagten keine eigenhändige Begehung der Brandstiftung nachgewiesen werden, ausreichend sei jedoch auch die bloße psychische Unterstützung des unerlaubten Tuns eines anderen. Diese habe hier vorgelegen, denn keines der Kinder wäre nach der Überzeugung des LG allein auf den Dachboden gestiegen, um dort ein Feuer zu entfachen. Das Zündeln sei für den Sohn der Beklagten nicht überraschend erfolgt. Es sei vielmehr der Grund dafür gewesen, sich auf den Dachboden des Stalles zu begeben.
Nach Ansicht des LG ist zumindest der Tatbestand des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB gegeben, d...