Leitsatz (amtlich)
1. Ein unzulässiges Teil-Urteil liegt auch vor, wenn über einen von mehreren prozessualen Ansprüchen entschieden wird, die durch eine Hilfsaufrechnung in unauflösbarer Weise miteinander verknüpft sind.
2. Die pauschale Einbeziehung der VOB/B in Werklieferungsverträge zwischen Unternehmern ist möglich. Das Anwendungsprivileg des § 310 Abs. 1 BGB findet in diesen Fällen keine Anwendung.
3. Auf die Unwirksamkeit nach § 305 c BGB oder einzelner Regelungen der VOB/B nach § 307 BGB in einem Werklieferungsvertrag kann sich der Verwender der VOB/B nicht berufen, sondern allein sein Vertragspartner.
4. Ist der Leistungsschuldner des Werklieferungsvertrages Verwender der VOB/B, setzt die Fälligkeit seines Zahlungsanspruchs die Abnahme seiner Leistungen voraus. Die §§ 377, 381 HGB wegen § 307 BGB sind nicht anwendbar. Auf § 650f BGB kann er nicht zurückgreifen.
5. Dem Geldschuldner des Werklieferungsvertrages stehen nach der Abnahme die Gewährleistungsrechte aus § 13 VOB/B zu, deren Verjährung erst mit der Abnahme beginnt.
6. Soweit eine Kündigung gem. § 650 f Abs. 1 und 5, S. 1, 2. Alt. BGB wegen einer nicht geleisteten Sicherheit durchgreift, wird der Werklohnanspruch des Unternehmers jedenfalls dann ohne Abnahme fällig, wenn im Zeitpunkt der Kündigung alle Leistungen erbracht sind und Anlass der Kündigung allein der auch die Abnahme verhindernde Streit über deren Mangelhaftigkeit ist
7. Die Kündigungsvergütung gem. § 650 f Abs. 5 S. 2 BGB bemisst sich an der vereinbarten Vergütung abzüglich infolge der Vertragsaufhebung ersparter Aufwendungen. Deswegen sind von der vereinbarten Vergütung die Aufwendungen abzuziehen, welche sich der Kläger infolge der durch die Kündigung entfallenen Mängelbeseitigung erspart hat.
Normenkette
BGB §§ 650, 650 f.; VOB/B
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 16.10.2023; Aktenzeichen 6 O 1161/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.10.2023 verkündete Teil-Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten restliche Vergütung für Leistungen, die er bzw. sein Rechtsvorgänger im Zuge eines Cafeumbaus erbracht hat.
Die Beklagte schloss mit der Firma GG zwei schriftliche Verträge. Einer bezog sich auf die Lieferung von Küchengeräten, -zubehör und -möbeln für ein Cafe. Der zweite Vertrag enthielt die Einbauleistungen. Für beide Verträge hatte die GG vorgegeben: "Es gelten unsere AGB sowie die VOB". Im Rahmen einer Vertragsübernahme trat der Kläger in Kenntnis aller vertraglichen Unterlagen anstelle der GG unter Übernahme aller Pflichten in die Verträge ein und führte die Leistungen zu Ende. Abnahmeprotokolle für beide Verträge unterzeichnete die Beklagte nicht. Sie rügte Mängel an den Küchengeräten, -zubehör und -möbeln sowie an den Einbauleistungen. Der Kläger stellte daraufhin ein Sicherheitsverlangen nach § 650f BGB für beide Verträge. Als die Beklagte dem nicht entsprach, kündigte der Kläger beide Verträge.
Im Rahmen des Prozesses verteidigte sich die Beklagte u.a. mit Hilfsaufrechnungen wegen auf Geld gerichteter sekundärer Mängelgewährleistungsrechte aus beiden Verträgen.
Das Landgericht hat dem Kläger durch Teil-Urteil einen Anspruch wegen der Lieferung von Küchengeräten, -zubehör und -möbeln aus den §§ 433 Abs. 2, 650 BGB zugesprochen. Es handele sich um zwei selbständige Verträge, wobei derjenige über die Lieferung einen Werklieferungsvertrag und derjenige über die Einbauleistungen einen Bauvertrag gem. § 650a BGB darstelle. Auf den Werklieferungsvertrag sei die VOB/B nicht anzuwenden, weil der pauschale Hinweis nicht ausreiche. Im Zuge seiner Entscheidung hat das Landgericht Hilfsaufrechnungsforderungen der Beklagte aus dem Werklieferungsvertrag zurückgewiesen und solche aus dem Bauvertrag nicht behandelt.
Gegen dieses Teil-Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Von der weiteren Darstellung des Sachvershalts wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO.
II. Die zulässige Berufung ist begründet.
A) Das angefochtene Teil-Urteil ist entgegen § 301 ZPO ergangen, was zu dessen Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führt, ohne dass es eines Antrags der Parteien bedurfte, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 3 ZPO.
Es entspricht der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass ein Teilurteil i.S.d. § 301 ZPO auch im Falle der durch das Landgericht angenommenen zwei selbständigen prozessualen Ansprüche nur dann ergehen darf, wenn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, und sei es infolge abweichender Entscheidungen im Instanzenzug, ausgeschlossen ist (vgl. BGH, NJW 2018, 621 [BGH 11.04.2017 - VI ZR 576/15] Rn. 10 sowie Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 301 Rn. 3 jeweils m.w.N.). Daran fehlt es, wenn die selbständigen prozessualen Ansprüche materiell-rechtlich miteinander verzahnt sind (vgl. B...