Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 23.01.2008; Aktenzeichen 2 O 2950/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23.1.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Osnabrück abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 25.000, EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 13.12.2006 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen materiellen und weiteren immateriellen Schaden aus der Operation vom 24.6.2003 zu erstatten. materiellen Schaden, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist oder noch übergehen wird.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

III. Die erstinstanzlichen Kosten haben die Klägerin zu 1/7 und die Beklagte zu 6/7 zu tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz fallen der Klägerin zu 1/6 und der Beklagten zu 5/6 zur Last.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. ...

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einer Operation vom 24.6.2003 im Klinikum O. - dessen Trägerin die Beklagte ist - auf Schmerzensgeld und Feststellung einer Ersatzpflicht für materielle und zukünftige immaterielle Schäden in Anspruch.

Die Klägerin befand sich im Jahr 2003 in ambulanter Behandlung des Radiologen Dr. J. in O., der bei der Klägerin eine regelmäßige Mammographiekontrolle durchführte. Anlässlich einer Mammographie am 11.6.2003 diagnostizierte Dr. J. im Vergleich zu den Voruntersuchungen 1999 und 2001 eine deutliche zahlenmäßige Progredienz punktförmiger Microcalcifikationen in der linken Brust. Auf den Mammographieaufnahmen wurde eine Ansammlung von ca. 15 derartiger Microcalcifikationen auf einem eng umschriebenen Raum sichtbar. Aufgrund dieses Befundes empfahl Dr. J. der Klägerin die operative Entfernung des Kalkherdes.

Die Klägerin stellte sich daraufhin im Klinikum der Beklagten vor und wurde dort am 23.6.2003 stationär aufgenommen. Die Operation zur Entfernung des suspekten Kalkherdes wurde am 24.6.2003 durchgeführt. Vor dem chirurgischen Eingriff wurde zunächst unter Röntgenkontrolle das Mikrokalkareal mittels einer Feinnadelmarkierung markiert. Das anschließend vom Operateur entnommene Gewebe wurde noch intraoperativ in der Röntgen und Strahlenklinik der Beklagten radiologisch untersucht. Von dort wurde als Ergebnis mitgeteilt, der Kalkherd sei im OPPräparat "ganz am Rand" enthalten. Daraufhin entnahm der Operateur bei der Klägerin noch ein Nachresektat medial, welches allerdings keiner radiologischen Untersuchung mehr unterzogen wurde. Die Klägerin konnte am 28.6.2003 aus stationärer Behandlung entlassen werden.

Am 23.12.2003 führte Dr. J. bei der Klägerin erneut eine Mammographiekontrolle der linken Brust durch. Hierbei erhob er wiederum den Befund eines Kalkareals mit circa 15 vorwiegend punktförmigen Microcalcifikationen und empfahl der Klägerin eine erneute Entfernung des gruppierten Mikrokalkes. In einem Bericht an die Gynäkologin der Klägerin vom 23.12.2003 heißt es hierzu, im Vergleich zur Voruntersuchung komme

"die vorbeschriebene Gruppe von zirka 15 vorwiegend punktförmigen Microcalcifikationen links craniolateral trotz zwischenzeitlicher PE weiterhin zum Nachweis"

Außerdem diagnostizierte er einen weiterer Herdbefund an dieser Stelle im Umfang von 12 X 10 mm. Eine ultraschallgezielte Stanzbiopsie dieses Befundes ergab, dass in diesem Herd eindeutige Anteile eines invasivductalen Mammacarzinoms vorhanden waren.

Daraufhin begab sich die Klägerin vom 4.1.2004 bis zum 10.1.2004 erneut in stationäre Behandlung, dieses Mal in das F. hospital in G. Dort wurde die Klägerin am 5.1.2004 operiert. Bei dieser Operation wurde der suspekte Mikrokalkherd zusammen mit einem invasivductalen Mammacarzinom mit einer Tumorgröße von 1 cm entfernt. Gleichzeitig wurde bei der Klägerin eine Lymphknotendissektion mit Entfernung von 20 Lymphknoten vorgenommen. Es schloss sich eine Strahlentherapie der linken Brust sowie eine medikamentöse Hormontherapie mit dem Medikament Tamoxifen an, die für die Dauer von 5 Jahren empfohlen wurde.

Die Klägerin hat behauptet, die im Juni 2003 durch Dr. J. festgestellte Kalkansammlung sei während der Operation bei der Beklagten aufgrund einer mangelhaften Nadelmarkierung vollständig verfehlt worden. Allein hierdurch sei es notwendig geworden, sich ein zweit...

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