Leitsatz (amtlich)
Der Einbehalt einer Sicherheit gem. § 17 Ziff. 8 VOB/B (Fassung vom September 1988) setzt nach Eintritt des vereinbarten Rückgabezeitpunktes voraus, dass zuvor ein konkretes Beseitigungsverlangen erhoben worden ist. Eine Streitverkündung ersetzt ein solches nicht.
Verfahrensgang
LG Aurich (Urteil vom 08.10.2003; Aktenzeichen 2 O 570/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 8.10.2003 verkündete Urteil des LG Aurich unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung wie folgt geändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, das Original der Gewährleistungsbürgschaft der S.-bank AG über eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbefristete Gewährleistungsbürgschaft bis zum Höchstbetrag von 40.000 DM vom 21.4.1992 an die S.-bank AG herauszugeben.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 13.550 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückgabe einer Bürgschaftsurkunde in Anspruch.
Im April 1992 hatte die S.-bank AG eine Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 40.000 DM für eventuelle Gewährleistungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger im Zusammenhang mit Gipserarbeiten an einem Bauvorhaben in S. übernommen. Hierüber wurde die streitbefangene Urkunde errichtet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils gem. § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, wobei es seine Begründung im Wesentlichen darauf gestützt hat, dass die Gewährleistungsfrist für die durch den Kläger ausgeführte Werkleistung infolge Unterbrechung durch eine Streitverkündung noch nicht abgelaufen sei.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.
Er beantragt, das Urteil des LG Aurich vom 8.10.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Original der Gewährleistungsbürgschaft zugunsten der S.-bank AG über eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbefristete Gewährleistungsbürgschaft bis zum Höchstbetrag von 40.000 DM (20.451,68 Euro) vom 21.4.1992 an die Klägerin herauszugeben, hilfsweise, das Original der Gewährleistungsbürgschaft zugunsten der S.-bank AG über eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbefristete Gewährleistungsbürgschaft bis zum Höchstbetrag von 40.000 DM (20.451,68 Euro) vom 21.4.1992 an die S.-bank AG herauszugeben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die Berufung ist zulässig, in der Sache selbst jedoch lediglich hinsichtlich des Hilfsantrages erfolgreich.
Die Beklagte ist zur Rückgabe der Bürgschaftsurkunde verpflichtet, da die Bürgschaft aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarung nicht für die gesamte Dauer der Gewährleistungsfrist, sondern lediglich für eine vertraglich genau festgelegte Frist, welche zwischenzeitlich verstrichen ist, übernommen wurde.
Unter Ziff. 8.3 des am 25.4.1991 von den Parteien geschlossenen Nachunternehmervertrages wurde ein Einbehalt von 5 % der Bruttoschlussrechnungssumme als zweckgebundene Garantiesumme für 60 Monate und 14 Tage nach Abnahme der Arbeiten des Klägers vereinbart. Dem Kläger wurde dabei nachgelassen, die Garantiesumme durch eine selbstschuldnerische, unbefristete und unwiderrufliche Bankbürgschaft abzulösen. Von dieser Möglichkeit hat er Gebrauch gemacht und die in Rede stehende Gewährleistungsbürgschaft beigebracht.
Die vertragliche Vereinbarung kann von ihrem Sinn und Zweck her nur dahingehend verstanden werden, dass auch die Bürgschaft lediglich für die vereinbarte Dauer des Sicherheitseinbehaltes erteilt werden sollte, zu dessen Ersatz sie bestimmt war.
Für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung dahingehend, dass nicht die im Vertrag genannte Frist, sondern die Dauer der Gewährleistungsfrist entscheidend sein solle, besteht keine Grundlage. Zwar war die Frist ersichtlich an der vertraglich vereinbarten Gewährleistungsfrist von fünf Jahren orientiert – sie entspricht dieser zzgl. eines Zuschlages von 14 Tagen –, doch ergibt sich daraus gerade nicht, dass die konkrete Dauer der Gewährleistungsfrist unter Berücksichtigung eventueller Hemmungen und Unterbrechungen entscheidend sein sollte. Sofern die Parteien eine dahingehende Regelung hätten treffen wollen, hätten sie dies unschwer durch eine entspr. Formulierung erreichen können.
Auch die Regelungen der VOB/B, welche die Parteien ergänzend zum Vertragsinhalt gemacht haben, rechtfertigen keine hiervon abweichende Bewertung. § 17 Ziff. 8 S. 1 VOB/B i.d.F. vom September 1988 bestimmt, dass eine nicht verwertete Sicherheit zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens aber nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zurückzugeben sei.
Hieraus ergibt sich, dass die Vereinbarung einer hinter der Dauer der Gewährleistungsfrist zurückbleibenden konkreten Frist nicht ungewöhnlich ist.
Die in Rede stehende Frist ist bereits verstrichen. Ihr Lauf be...