Leitsatz (amtlich)
Zur Erinnerungswerbung i.S.v. § 4 Abs. 6 HWG gehört auch die Abbildung einer Verkaufspackung. Das gilt auch dann, wenn man auf der Packung befindliche Angaben zum Anwendungsbereich ("Antiallergikum") auch lesen kann.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 20.09.2007; Aktenzeichen 13 O 488/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil der 13. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des LG Osnabrück vom 20.9.2007 geändert.
Die einstweilige Verfügung wird aufgehoben und der Verfügungsantrag zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wettbewerbswidrigkeit einer Werbung des Verfügungsbeklagten für verschiedene apothekenpflichtige Medizinprodukte in einem Werbeflyer. In diesem Prospekt sind auch -in stark verkleinerter Form- die Umverpackungen der beworbenen Artikel abgebildet.
Der Verfügungskläger hat namentlich die Bewerbung der Mittel mit den Bezeichnungen "Baldriparan (stark für die Nacht)", "Zovirax (Lippenherpescreme)", "Voltaren (Schmerzgel)", "Lorano Antiallergikum" und "Thermacare (für den Rücken)" gerügt. Er hat beanstandet, dass bei der Darstellung der Einzelprodukte Aussagen zu deren medizinisch-gesundheitlicher Bedeutung gemacht worden seien und der bei einer Werbung außerhalb der Fachkreise nach § 4 Abs. 3 HWG vorgeschriebene Pflichttext ("Zu Risiken und Nebenwirkungen ...") lediglich auf dem unteren Seitenteil des Prospektes in der Schrift Arial Pt. 6 und nicht bei den jeweiligen Einzelprodukten abgedruckt gewesen sei.
Der Verfügungsbeklagte hat seine Werbung mit der Erwägung verteidigt, mit dem Werbeflyer betreibe er eine stets ohne Pflichttext zulässige sog. Erinnerungswerbung i.S.d. § 4 Abs. 6 HWG.
Das LG hat den Verfügungsbeklagten unter Bezugnahme auf die Gestaltung des Werbeflyers antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, "für apothekenpflichtige Arzneimittel zu werben, ohne den Pflichttext "jedem beworbenen Arzneimittel zuzuordnen".
Zur Begründung hat das LG ausgeführt: Der Prospekt genüge den rechtlichen Anforderungen an eine Heilmittelwerbung nicht. Der auf den Seitenenden in Kleinschrift angefügte Pflichttext sei nicht hinreichend deutlich dargestellt. Soweit Baldriparan, Zovirax, Voltaren und Thermacare mit Angaben zur medizisch-gesundheitlichen Bedeutung beworben würden, sei der Zulässigkeitsbereich der Erinnerungswerbung überschritten.
Mit seiner Berufung begehrt der Verfügungsbeklagte die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Er hat zur Begründung ausgeführt: Im Fall "Thermacare" handele es sich ausweislich der sog. "Lauer-Taxe" nicht um ein Arzneimittel. In den übrigen drei beanstandeten Fällen seien die im Prospekt wiedergegebenen Zusätze Bestandteile des Namens des jeweiligen Medikaments. Diese Kennzeichnung sei im Rahmen der Erinnerungswerbung zulässig.
Der Verfügungskläger begehrt die Zurückweisung der Berufung Er bestreitet "mit Nichtwissen", dass Thermacare kein Arzneimittel sei und die Zusätze bei den anderen drei Präparaten deren zulässige Kennzeichnungen i.S.d. § 10 AMG seien bzw. die den diesbezüglichen Vortrag des Verfügungsbeklagten bestätigenden Auszüge aus der "Lauer-Taxe" die nach § 10 AMG zugelassenen Namen richtig wiedergegeben würden. Im Übrigen verweist er auf das vom LG nicht erwähnte Präparat "Lorano", das auch nur so heiße und nicht - wie auf einer abgebildeten Umverpackung angegeben - "Lorano Antiallergikum", so dass die Berufung schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben könne.
II. Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten ist in der Sache begründet und führt zur Abweisung des Verfügungsantrags.
1. Die beanstandete Werbung ist wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Der Senat geht davon aus, dass es sich bei allen beanstandeten Produktdarstellungen um zulässige Formen der sog. Erinnerungswerbung i.S.d. § 4 Abs. 6 HWG handelt und ein Pflichttext-Hinweis deshalb nicht geboten war.
a) § 4 Abs. 3 Satz 1 HWG gebietet bei der Werbung für Arzneimittel den Zusatzhinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker". Nach der Rechtsprechung des BGH (WRP 1998, 502 ff. - Monopräparate) soll der Hinweis dem Verbraucher den Weg aufzeigen, der ihn in die Lage versetzt, sich über die in der Werbung angesprochene Zusammensetzung, Wirkungsweise und sonstige Bedeutung des Arzneimittels klar zu werden, um einen sachlich fundierten Kaufentschluss treffen zu können.
Davon lässt das Gesetz in § 4 Abs. 6 Satz 1 HWG eine Ausnahme zu, soweit es sich bei der Werbung um eine sog. "Erinnerungswerbung" (§ 4 Abs. 6 Satz 2 HWG) handelt. Diese Ausnahme soll die Zusatzangabe entbehrlich machen, "wenn es sich um ein, von jeglichen Hinweisen auf die medizinisch-gesundheit- liche Bedeutung des Präparats freie Werbung handelt, die allein oder überwiegend nur die Erinnerung und damit diejenigen Verbraucher anspricht, denen das beworbene Mittel bereits bekannt ist und deren Unterrichtung durch die Pflichtangaben daher entbehrlich erscheint" (B...