Verfahrensgang
LG Aurich (Aktenzeichen 5 O 1183/19) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.06.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Aurich teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.285,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.10.2019 zu zahlen und ihn von den künftigen Netto-Darlehensraten aus dem Darlehensvertrag mit der DD AG, Finanzierungs-Nummer: (...), freizustellen, nämlich monatlich 504,20 EUR für die Zeit von Dezember 2020 bis einschließlich November 2021 und 18.969,24 EUR im Dezember 2021, Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs Pkw1, Fahrzeugidentifikationsnummer (...) und Übertragung seines diesbezüglichen Anwartschaftsrechts gegen die DD AG.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den vorgerichtlichen Gebühren seiner Prozessbevollmächtigten, der Rechtsanwälte EE mbB, Ort3, in Höhe von 1.434,20 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche in Zusammenhang mit dem sogenannten Abgasskandal.
Der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 11.12.2017 (Anlage K 1, Blatt 19/I) bei dem FF Autohaus einen von der Beklagten entwickelten und hergestellten Pkw1 als Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von 12.360 km zu einem Kaufpreis von 52.485,00 EUR brutto bzw. 44.105,04 EUR netto. Er leistete eine Anzahlung von 6.500,00 EUR. Im Übrigen wurde der Kaufpreis über die DD AG finanziert, an die das streitgegenständliche Fahrzeug zur Sicherheit übereignet wurde. Nach dem mit der DD AG geschlossenen Darlehensvertrag hatte der Kläger im Januar 2018 eine Darlehensrate in Höhe von 555,97 EUR zu zahlen und ab Februar 2018 46 Monatsraten von 600,00 EUR sowie eine Schlussrate von 22.573,40 EUR.
Durch das Kraftfahrtbundesamt erfolgte die Anordnung eines am 12.12.2018 veröffentlichten Rückrufs, der auch das streitgegenständliche Fahrzeug betraf. Hierzu teilte das Kraftfahrtbundesamt mit, bei der Überprüfung der Fahrzeugmodelle (...) seien unzulässige Abschalteinrichtungen nachgewiesen worden. Die sogenannte schnelle Motoraufwärmfunktion, die der Schadstoffminderung diene, springe bei diesen Fahrzeugen nahezu nur im Prüfzyklus NEFZ an, wohingegen im realen Straßenverkehr diese NOx-Schadstoffminderung unterbleibe.
Am 31.07.2019 ließ der Kläger bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug ein von der Beklagten zu Verfügung gestelltes Software-Update aufspielen.
Mit einem anwaltlichen Schreiben vom 17.10.2019 legitimierten sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Beklagten und forderten diese auf, die Ansprüche, die sich aus dem diesem Schreiben beigefügten Klageentwurf ergaben, zu erfüllen. Hierfür wurde eine Frist auf den 22.10.2019 gesetzt (Anlage K 7, Blatt 39/I).
Am Tag der Berufungsverhandlung wies das streitgegenständliche Fahrzeug eine Gesamtlaufleistung von 69.664 km auf.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Abschalteinrichtung sei illegal. Der Beklagten sei insoweit eine sittenwidrige Täuschung vorzuwerfen. Er könne daher von ihr die Rückabwicklung des Vertrages nach §§ 826, 31 BGB verlangen.
Hierzu hat er behauptet, der Vorstand der Beklagten habe Kenntnis von der Verwendung der Manipulationssoftware gehabt. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte müsse davon ausgegangen werden, dass den Organen der Beklagten völlig klar gewesen sei, dass sie Dieselmotoren verkauft habe, die hinsichtlich der Abgaswerte nicht den Vorschriften entsprochen hätten, so dass die Kunden wirtschaftlich nachteilige Kaufverträge abgeschlossen hätten. Weil die Beklagte die Entscheidungsprozesse in ihrem Hause nicht dargelegt habe, sei davon auszugehen, dass ihr Vorstand die Manipulation angeordnet oder zumindest genehmigt habe. Er, der Kläger, hätte von dem Kauf des Fahrzeugs abgesehen, wenn ihm das Vorhandensein der Abschalteinrichtung bekannt gewesen wäre.
Hinsichtlich der abzuziehenden Nutzungsentschädigung behauptet er, das streitgegenständliche Fahrzeug habe eine zu erwartende Gesamtlaufleistung und 400.000 km.
Er hat in der ersten Instanz zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.707,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 52.485,00 EUR seit dem 19.07.2017 bis zum 22.10.2019 und in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.10.2019 zu zahlen und ihn von den künftigen Netto-Darlehensraten aus dem Darlehensvertrag mit der DD AG, Finanzierungs-Nummer (...), freizustellen, Zug um Zug gegen Herau...