Leitsatz (amtlich)
Die formularmäßige Verpflichtung eines Kükenmästers in einem Rahmenvertrag mit einer Brüterei, bei einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren mit Verlängerungsoption um jeweils ein Jahr nach Errichtung eines Maststalls die zu mästenden Tiere nur von der Brüterei sowie das Futter nur von mit dieser im Konzern verbundenen Unternehmen zu erwerben und die gemästeten Tiere nur an dem Konzern der Brüterei angehörende Unternehmen zu verkaufen, stellt weder eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 BGB dar noch verstößt sie gegen § 138 BGB.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 17.12.2010; Aktenzeichen 6 O 1935/10) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Oldenburg vom 17.12.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung werden den Klägern auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung von Kükenmastrahmenverträgen.
Der Kläger zu 1 schloss mit der Beklagten, einem Unternehmen des W.-Konzerns (Marke "W."), am 7.5.1997 einen auf 10 Jahre befristeten Vertrag über die Hähnchenmast von je "Durchgang" 30.000 Hähnchen, der sich jeweils um ein weiteres Jahr verlängern sollte, sofern nicht 10 Monate vor Ablauf des Jahres schriftlich von einer Seite gekündigt werde. In dem Vertrag ist vorgesehen, dass die Schlachtung der Tiere im Vertragszeitraum "in unseren Schwesterbetrieben", die namentlich aufgeführt sind, vorgenommen wird. Wörtlich heißt es weiter:
Herr S. verpflichtet sich, alle von ihm gemästeten ca. 30.000 Hähnchen pro Durchgang an die vorstehenden Geflügelschlachtereien zu den üblichen Bedingungen - wie sie auch allgemein den Junggeflügelmästern der B. eingeräumt werden - zu liefern. Auch verpflichtet sich Herr S., alle Küken für die Junggeflügelaufzucht von der B. zu den üblichen Bedingungen - wie sie auch allgemein den Junggeflügelmästern eingeräumt werden - zu beziehen.
Die B. verpflichtet sich, die fertig aufgezogenen Tiere in den vorstehenden Geflügelschlachtereien Lohne und Holte termingerecht zur Schlachtung unterzubringen.
Am selben Tag schlossen die Vertragsparteien einen "Zusatzvertrag", in dem vereinbart ist, dass der Kläger für die 10 Jahre von der Beklagten "für den Stallbau einen Zinszuschuss von 2.000 DM pro Jahr" erhalten sollte.
Die Laufzeit des am 7.5.1997 geschlossenen Mastvertrags begann mit der ersten Einstallung von Küken am 27.1.1998.
Am 5.12.2001 schloss der Kläger zu 1 mit der Beklagten einen weiteren Mastvertrag über 40.000 Hähnchen, ebenfalls für die Dauer von 10 Jahren mit der Verlängerung jeweils um ein Jahr, wenn nicht drei Monate vor Ablauf des Jahres schriftlich von einer Seite gekündigt werde. Auch in diesem Vertrag sind die "Schwesterbetriebe" der Beklagten, in denen die Schlachtung der Tiere erfolgen soll, bezeichnet. Der Vertragstext entspricht im Übrigen dem des vorangegangenen Vertrags, wobei der Kläger sich hier zusätzlich verpflichtete, "das Futter von der Schwesterfirma M ... GmbH zu handelsüblichen Konditionen zu beziehen".
Auch zu diesem Vertrag wurde am selben Tag in einem "Zusatzvertrag" ein jährlicher "Zinszuschuss" von 2.000 DM pro Jahr für 10 Jahre vereinbart.
Die Laufzeit des am 5.12.2001 geschlossenen Mastvertrags begann am 6.3.2002.
Am 18.4.2002 übernahm die W. GmbH & Co. KG eine Bürgschaft über 102.256,38 EUR zur Sicherung aller Forderungen der L. gegenüber dem Kläger zu 1; am 13.7.2006 verbürgte sich dieses Schwesterunternehmen der Beklagten über einen weiteren Betrag von 10.000 EUR zugunsten des Klägers zu 1 gegenüber der L.
Nachdem der Kläger zu 1 der Beklagten mit Schreiben vom 8.1.2009 mitgeteilt hatte, dass er die Rechtsform seines Betriebes gewechselt habe, wurden die Verträge in der Folgezeit zwischen der Klägerin zu 2 und der Beklagten fortgesetzt. Die jährlichen "Zinszuschüsse" wurde auch nach Ablauf der 10-Jahres-Fristen weiter gezahlt.
Mit Schreiben vom 15. 05 2010 kündigte die Klägerin zu 2 die Verträge zum 25.6.2010 und hielt daran nach einem Gespräch mit der Beklagten mit weiterem Schreiben vom 30.5.2010 ausdrücklich fest.
Nach den Vertragsbestimmungen ist die Kündigung des ersten Mastvertrags frühestens zum Ablauf des 26.1.2012, die des zweiten Vertrags frühestens zum Ablauf des 5.3.2012 möglich.
Die Kläger meinen, sie seien zur vorzeitigen Kündigung berechtigt, weil die Verträge wegen der wirtschaftlichen Knebelung der Kläger gegen § 307 BGB und überdies gem. § 138 BGB gegen die guten Sitten verstießen. Der Kläger zu 1 bzw. die Klägerin zu 2 sei während der Laufzeit von 10 Jahren gezwungen, Küken von dem Konzern der Beklagten abzunehmen, die schlachtreifen Tiere bei anderen Betrieben des Konzerns der Bekla...