Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Einlagezahlung auf ein Konto der GmbH, das in kurzen Zeitabständen schwankende Kontenstände aufweist und auf dem in kurzen Zeitabschnitten erhebliche Sollsalden und Guthabenbeträge wechseln, kann eine Erfüllung der Einlageverpflichtung angenommen werden, wenn zwar bei Eingang der Einlagezahlung das Konto im Soll geführt wurde, weil die Bank eine entsprechende Überziehung (ohne Kreditgewährung) geduldet hatte, kurze Zeit darauf jedoch ein die Einlagezahlung übersteigender Habensaldo vorhanden ist. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt des vorhandenen Guthabens ist die Einlagezahlung in das Vermögen der GmbH gelangt und kann der Geschäftsführer endgültig und frei über den Einlagebetrag verfügen.
2. Eine Erfüllung der Einlageverpflichtung kann unabhängig davon auch anzunehmen sein, wenn dem Geschäftsführer der zu zahlende Einlagebetrag dadurch zur freien Verfügung gestellt wird, dass der Gesellschafter auf Anweisung des Geschäftsführers auf ein von diesem bestimmtes (hier im Debet geführtes) Konto der Gesellschaft zahlt.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 01.04.2008; Aktenzeichen 14 O 655/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 1.4.2008 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. GmbH den Beklagten auf Einlagezahlung in Anspruch.
Der Beklagte war Gesellschafter der im Dezember 1993 gegründeten und im Februar 1994 ins Handelsregister eingetragenen F. GmbH.
Im April 2006 beschlossen die Gesellschafter eine Erhöhung des Stammkapitals um 45.000 EUR auf ein Gesamtstammkapital von 200.000 EUR. Aus dem Erhöhungsbetrag übernahm der Beklagte eine Einlage von 9.000 EUR. Auf eine entsprechende Anforderung des Geschäftsführers zahlte der Beklagte am 3.5.2006 den übernommenen Einlagebetrag von 9.000 EUR auf das vom Geschäftsführer genannte Konto der GmbH bei der ... bank O. ein, das am 4.5.2006 gutgeschrieben wurde. Das Konto hatte am 4.5.2006 einen Negativsaldo i.H.v. 245.743,58 EUR. Dieses Konto unterlag erheblichen Schwankungen und wies vor und auch nach der genannten Einzahlung teilweise nicht unerhebliche Sollsalden, aber auch erhebliche Habensalden auf. So befand sich das Konto am Ende des 4.5.2006 mit 4.565,89 EUR im Haben, am 5.5.2006 mit 36.806,03 EUR und am 10.5.2006 mit 35.820,56 EUR im Haben, dann am 15.5.2005 wieder mit 15.216,74 EUR im Soll und nach Einzahlung der von allen Gesellschaftern übernommen Erhöhungsbeträge am 6.6.2006 mit 67.025,52 EUR sowie am 21.6.2006 mit 89.436,05 EUR im Haben.
Anfang März 2006 hatte das Konto einen Sollsaldo von über 300.000 EUR gehabt.
Am 1.6.2007 wurde über das Vermögen der F. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Kläger hat vom Beklagten erneute Zahlung in Höhe des Stammeinlagebetrags von 9.000 EUR verlangt, da die im Rahmen der Kapitalerhöhung übernommene Stammeinlage nicht ordnungsgemäß erbracht worden sei. Der vom Beklagten überwiesene Betrag - so hat der Kläger gemeint - habe nicht zur freien Verfügung der Gesellschaft gestanden, sondern sei ausweislich des am 3.5.2006 vorhandenen erheblichen Sollsaldos von der Bank mit Verbindlichkeiten verrechnet worden. Die Überziehung des Kontos habe die Bank lediglich geduldet gehabt.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, der eingezahlte Betrag habe der Gesellschaft zur freien Verfügung gestanden. Über das betreffende Geschäftskonto, auf das die Zahlung geleistet worden sei, habe die Gesellschaft frei verfügen können, wie insbesondere die weiteren Buchungen zeigten.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat in der Überweisung des Betrags von 9.000 EUR auf das Konto der Gesellschaft eine ordnungsgemäße Erfüllung der Einlageverpflichtung gesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des vom LG zugrunde gelegten Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der Begründung dieser Entscheidung wird auf das Urteil der 14. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) des LG Osnabrück vom 1.4.2008 Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung.
Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er Wesentlichen vor:
Die Annahme des LG, die Einlageverpflichtung sei erfüllt worden, sei unzutreffend. Es sei verkannt worden, dass nach der Rechtsprechung und überwiegenden Meinung der Literatur die Einzahlung auf ein debitorisches Konto bereits grundsätzlich keine wirksame Kapitalaufbringung darstelle, da der eingezahlte Betrag der Geschäftsführung im Ergebnis nicht zur freien Verfügung stehe. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn der Gesellschaft von der kontoführenden Bank ausdrücklich oder stillschweigend ein Überziehungskredit gewährt worden sei, ein bestehendes Kreditlimit ausgedehnt oder der Gesellschaft auf einem anderen Konto ein Kredit eingeräumt worden sei. Erforderlich sei in jedem ...