Entscheidungsstichwort (Thema)
Landgut
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Landguteigenschaft eines verpachteten Grundbesitzes
2. Der Gartenbaubetrieb kann unter die durch § 2312 BGB privilegierte Nutzung fallen.
Leitsatz (redaktionell)
Zur Landguteigenschaft eines verpachteten Grundbesitzes sowie zur Feststellung, dass ein Gartenbaubetrieb unter die durch § 2312 BGB privilegierte Nutzung fallen kann.
Normenkette
BGB §§ 2312, 2314 Abs. 1
Gründe
Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte verurteilt, gemäß § 2314 Abs. 1 BGB nur Auskunft über den Ertragswert der Ländereien zu geben, weil sie bewiesen hat, daß es sich dabei um ein Landgut im Sinne von § 2312 BGB handelt. Diese Bestimmung begünstigt den Erben eines Landgutes im Interesse der Erhaltung eines leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betriebes zu Lasten des weichenden Erben und Pflichtteilsberechtigten. Diese Privilegierung ist indessen nur solange gerechtfertigt wie das Erreichen dieses Erhaltungszwecks in einer vom Gesetz begünstigten Person sichergestellt ist (vgl. grundlegend BGHZ 98, 375 ff. im Hinblick auf BVerfGE 67, 348). Das Erreichen dieses Zwecks wird von der Berufung ohne Erfolg in Frage gezogen.
Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, von der abzuweichen kein Anlaß besteht, wird unter einem Landgut im Sinne des § 2312 BGB eine Besitzung verstanden, die eine selbständige auf dauernden Betrieb der Landwirtschaft einschließlich der Viehzucht und Forstwirtschaft geeignete und bestimmt Wirtschaftseinheit mit den nötigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden darstellt und die zumindest zu einem erheblichen Teil zum Lebensunterhalt seines Inhabers beiträgt (vgl. nur BGHZ 98, 375, 377 f). Das Bestimmungsrecht obliegt soweit dem Eigentümer im Rahmen der Verkehrsauffassung.
Der Hof in Balkum des Erblassers war unstreitig ein solches Landgut, bis der Erblasser aus Gesundheitsgründen die Tätigkeit als Landwirt aufgeben mußte und ihn als Wirtschaftseinheit verpachtete. Die Bewirtschaftung dieses Hofes durch den Pächter auch über den maßgeblichen Zeitpunkt des Erbfalls hinaus steht der weiteren Beurteilung des Besitzes als Landgut jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Fortführung des bisherigen landwirtschaftlichen Betriebes durch einen pflichtteilsberechtigten Angehörigen möglich und beabsichtigt ist (BGH LM § 2312 BGB Nr. 2). Dem Fehlen von Inventar kommt insoweit keine maßgebliche Bedeutung zu (so bereits BGH NJW 1964, 1414, 1416). Bereits dem Testament von 1969 ist klar zu entnehmen, daß der Erblasser den Hof seiner Familie zur Bewirtschaftung erhalten und die Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes letztlich durch seine Tochter spätestens mit Vollendung ihres 21. Lebensjahres sicherstellen wollte. Die aus gesundheitlichen Gründen veranlaßte Verpachtung auf 12 Jahre ändert daran nichts. Im Gegenteil wird aus dem gewählten Zeitrahmen deutlich, daß der Erblasser an diesem Ziel festhielt. Das Testament von 1985 bestätigt die Weiterverfolgung dieses Zieles über diesen Zeitpunkt hinaus ebenso wie der Zukauf von weiterem Ackerland 1987. Die unterbliebene schriftliche Verlängerung des Pachtvertrages unterstreicht darüber hinaus, daß er die Übernahme des Landgutes durch seine Tochter mit der Beendigung der einschlägigen Ausbildung im Einklang zu bringen suchte.
Auch der Umbau von Stallraum in eine Garage und der Wohngebäude bedingt nicht den Fortfall der Landguteigenschaft des Grundbesitzes. Der Kläger hat dazu die nach dem Vortrag der Beklagten vorgenommene bloße Modernisierung nicht substantiiert anzugreifen vermocht, die eine Eigenbewirtschaftung von dem bisherigen und auch weiterhin bestehenden Gebäudebestand gerade auch bei einer Veränderung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsart durch seine Halbschwester zuläßt.
Vergeblich versucht der Kläger, die von ihr geplante Nutzung als durch § 2312 BGB priviligierte in Zweifel zu ziehen. Nach dem im nächsten Jahr bevorstehenden Abschluß des Gartenbaustudiums plant sie eine erwerbsbetriebliche Nutzung der Ländereien im Sinne eines Gartenbaubetriebes mit Schwerpunkten im Anbau von Zier- und Nutzpflanzen und in der Fichten- und Tannenpflanzung. Das fällt unter die durch § 2312 BGB privilegierte landwirtschaftliche Nutzung.
Bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bzw. der anerkannten Definition zählt zur Landwirtschaft ein Gewerbe der Urproduktion, in dem durch Bodennutzung pflanzliche und tierische Rohstoffe erzeugt werden, was im weiteren Sinne Forstwirtschaft, Gärtnerei und landwirtschaftliche Nebengewerbe einschließt (Der Große Brockhaus, 18. Aufl., Stichwort „Landwirtschaft”). Im Sinne der Höfeordnung, deren Begriffsbestimmungen für die Auslegung des § 2312 BGB herangezogen werden können, zählt der erwerbsmäßig betriebene Gartenanbau zu dem Bereich der Landwirtschaft (Wöhrmann, Landwirtschaftsrecht, 2. Aufl., S. 33; BGH NJW 1960, 1246). Dementsprechend ist auch in Rechtsprechung und Literatur bislang anerkannt, daß Erwerbsgärtnereien zu den priviligierten Betrieben i. S. v. §§ 2312, 2049 BGB zählen können ...