Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbverzicht
Leitsatz (amtlich)
Erbverzicht zugunsten eines von mehreren gesetzlichen Erben 2. Zur Frage der Teilunentgeltlichkeit einer Erbbaurechtsübertragung gegen Einräumung eines Altenteilrechts
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage des Erbverzichts zu Gunsten eines von mehreren gesetzlichen Erben, sowie zur Frage der Teilunentgeltlichkeit einer Erbbaurechtsübertragung gegen Einräumung eines Altenteilrechts.
Normenkette
BGB § 2350
Gründe
Das Landgericht hat unter Verkennung der richtigen Pflichtteilsquote des Klägers von 1/36 zu Unrecht ein grobes Mißverhältnis zwischen der Erbbaurechtsübertragung und der Altenteilvereinbarung angenommen. Dem Kläger steht daher auch aus dem Gesichtspunkt einer gemischten Schenkung für einen etwaigen unentgeltlichen Teil kein Pflichtteilsergänzungsanspruch aus § 2325 Abs. 1 BGB zu.
I.) Rechtsfehlerhaft ist die Annahme, nach dem Erbverzicht der vier Geschwister habe nach gesetzlicher Erbfolge für die Mutter des Klägers und den Beklagten je eine Erbquote von 1/2 bestanden. Dabei kommt es auf den in Literatur und Rechtsprechung bestehenden Streit, ob bei einem Erbverzicht zugunsten eines von mehreren zur gesetzlichen Erbfolge berufenen Erben (den die Berufungserwiderung zu Unrecht hier in Frage zieht) dem Begünstigten der volle Erbteil des Verzichtenden zufällt (so die herrschende Meinung, vgl. KG DNotZ 42, 148 ff; Staudinger/Ferid/Ciesler, BGB, 12. Aufl., § 2350 Rn. 17; BGB – RGRK – Johannsen, 12. Aufl., § 2350 Rn. 6; Kipp/Coing, Erbrecht, 14. Aufl., § 82 6; Palandt/Edenhofer, BGB, 50. Aufl., § 2350 Rn. 2; Erman/Schlüter, BGB, 8. Aufl., § 2350 Rn. 3; jeweils m. w. N.) oder ob er nur das Erbrecht erlangt, was ihm zustehen würde, wenn der Verzichtende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte (so Soergel/Damrau, BGB, 12. Aufl., § 2350 Rn. 3 und 4; Münchener Kommentar-Strobel, BGB, 2. Aufl., § 2350 Rn. 8; Lange/Kuchinke, Erbrecht, 3. Aufl., § 7 III 2 S. 136 f; Blomeyer, FamRZ 1974, 426 ff.; Planck/Greiff, BGB, 4. Aufl., § 2350 Anm. 2 a; siehe auch Motive Bd. 5 S. 477 f) nicht an. Auch nach der zuletzt genannten Meinung hätte die Mutter des Klägers durch den Erbverzicht keine Erbenstellung zu 1/2 bzw. der Kläger neben seinen Geschwistern zu 1/6 erlangen können. Auch diese Ansicht erkennt zu Recht an, daß der Verzicht die Stellung des Nichtbegünstigten nicht verbessern kann; ihm verbleibt vielmehr die Erbquote, die ihm auch ohne den Verzicht zugestanden hat. Der Streit geht lediglich darum, ob dem Verzichtenden infolge Teilunwirksamkeit des Verzichts ein Teil der Erbschaft trotz des Verzichts selbst anfällt (so bereits ausdrücklich und klar Strohal, Erbrecht, 3. Aufl., 1903, S. 538 Fußnote 32). Nach dem gesetzlichen Erbteil seiner Mutter in Höhe von 1/6 steht dem Kläger neben seinen Geschwistern ein gesetzlicher Erbteil in Höhe von 1/18 mithin ein Pflichtteil von 1/36 zu.
II.) Nach den Urkundentexten stehen der Erbbaurechtsübertragung die Einräumung des Altenteilrechts, die Abfindungszahlungen und die zu übernehmenden sonstigen Belastungen gegenüber. Der Kläger hat demgegenüber nicht darlegen und beweisen können, daß sich die Vertragsparteien darüber einig waren, daß auch nur ein Teil der Leistung nicht durch die Gegenleistung abgegolten, sondern unentgeltlich zugewandt werden sollte. Insoweit trifft ihn entgegen der Berufungserwiderung für die Unentgeltlichkeit i. S. v. § 2325 BGB für beide Werte – der Höhe von Leistung und Gegenleistung – die volle Darlegungs- und Beweislast (Senat, Urteil vom 06.08.1991 – 5 U 41/91; Palandt/Edenhofer a. a. O. § 2325 Rn. 12).
Zu seinen Gunsten streitet auch keine tatsächliche „Vermutung”, die von der Rechtsprechung bei Bestehen eines auffallenden groben Mißverhältnisses zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung angenommen wird (Senat a. a. O. und Urteil vom 19.12.1989 – 5 U 82/89 –; BGHZ 59, 132; BGH WM 1989, 963). Bei der Gegenüberstellung der Werte braucht sich der Beklagte für die Bewertung des Altenteilrechts nicht auf den in dem notariellen Vertrag aufgenommenen Wert verweisen zu lassen. Diese Wertangabe hat zunächst bloß einen gebührenrechtlichen Sinn. Daß sie darüber hinaus auch nicht indiziell auf den eigentlichen auch von den Parteien zugrundegelegten Wert des Altenteils hinweist, wird durch dessen Inhalt belegt. Es handelt sich um ein umfassendes lebenslängliches Recht der Erblasserin auf Unterbringung, Fruchtziehung und Hege und Pflege auch im Krankheits- und Pflegefall. Bei einem solchen uneingeschränkten Versorgungs- und Pflegeverhältnis braucht sich der Verpflichtete nach der Rechtsprechung des Senats nicht einmal auf den von Krankenversicherern gezahlten Satz für übernommene Hauspflege verweisen zu lassen (Urteil vom 06.08.1991 – 5 U 41/91 –). Auch eine schematische Anwendung der statistischen Lebenserwartung ist keinesfalls zwingend geboten. Schon gar nicht kommt es auf den tatsächlichen Umfang der erfolgten Versorgung bzw. der Inanspruchnahme des Altenteilrechts bis zum Tode an. Entschei...