Leitsatz (amtlich)
Die von den Eltern einer bei einem Unfall verstorbenen Schülerin begehrte Feststellung, dass die Berechnung eines späteren eventuellen Unterhaltsanspruches auf der Basis einer beruflichen Tätigkeit der verstorbenen Tochter als Chemieingenieurin und dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst einer Chemieingenieurin erfolge, ist unzulässig.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 03.03.2010; Aktenzeichen 2 O 1674/09) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 3.3.2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Oldenburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger sind die Eltern der im Oktober 2008 infolge eines Verkehrsunfalls verstorbenen A. B. (geboren im März 1991). Der Beklagte zu 1) - der damalige Freund der Schülerin A. B. - war als Fahrer eines bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Motorrades an dem Unfall beteiligt. Die Kläger begehren die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihnen Schadensersatz zu leisten, falls in Zukunft Umstände eintreten, unter denen A. B. ihnen gegenüber unterhaltspflichtig geworden wäre; dabei soll davon ausgegangen werden, dass A. B. den durchschnittlichen Verdienst einer Chemieingenieurin erzielt hätte.
Der besagte Verkehrsunfall ereignete sich am Abend des 28.10.2008 außerhalb einer geschlossenen Ortschaft auf dem G. in der Gemeinde K. Die damals 17-jährige A. B. befand sich als Mitfahrerin auf dem vom Beklagten zu 1) gelenkten Motorrad. Als der Beklagte zu 1) ein auf der Straße befindliches Reh sah, bremste er stark ab. Das Motorrad kam zu Fall und A. B. prallte mit dem Kopf gegen einen neben der Fahrbahn liegenden Feldstein. Obwohl sie einen Motorradhelm trug, erlitt sie durch den Sturz schwere Kopfverletzungen. Der herbeigerufene Rettungsdienst brachte sie in das Krankenhaus B. Dort erlag sie am 30.10.2008 ihren Kopfverletzungen.
Für die Folgen des Unfalls haben die Beklagten in vollem Umfang einzutreten. Die Beklagte zu 2) hat bereits Schadensersatz geleistet. Insbesondere hat sie Schmerzensgeld für A. B. und für die Kläger gezahlt sowie Beerdigungskosten erstattet.
Im Zuge der Schadensregulierung forderten die Kläger die Beklagte zu 2) auf, ihre Einstandspflicht für den Fall anzuerkennen, dass künftig Verhältnisse eintreten, unter denen A. B. ihnen gegenüber unterhaltspflichtig geworden wäre. In diesem Zusammenhang machten die Kläger geltend, dass ihre Tochter, die im Zeitpunkt des Unfalls die 12. Klasse des Gymnasialzweiges der Kooperativen Gesamtschule in S. besucht hatte, ihr Abitur abgelegt und anschließend - nach einem erfolgreichen Studium der Chemie beziehungsweise des Chemieingenieurwesens - in der Industrie eine Arbeitsstelle als Chemieingenieurin gefunden hätte. Die Beklagte zu 2) lehnte es jedoch ab, einen solchen Werdegang zugrunde zu legen. Sie schrieb dem Bevollmächtigten der Kläger unter dem 16.3.2009 (Anlage B 1):
" [...] Insgesamt kann festgestellt werden, dass für eine Feststellungserklärung mit dem von Ihnen vorgeschlagenen Inhalt (durchschnittlicher Arbeitsverdienst einer Chemieingenieurin) gegenwärtig zu viele offene Fragen bestehen. [...]
Wir sind unter Berücksichtigung unseres Vortrages bereit, folgende Erklärung abzugeben:
Mit der Wirkung eines am 30.10.2008 rechtskräftigen Feststellungsurteils wird anerkannt, dass die D. L. Versicherung AG verpflichtet ist, Frau C. B., geb. am ... 1966, und Herrn S. B., geb. am ... 1959, beide zurzeit wohnhaft ..., den aus dem Unfalltod ihrer Tochter A. B., geb. am ... 1991, verstorben am 30.10.2008, entstandenen weiteren Schaden zu ersetzen, wenn Verhältnisse eintreten, unter denen A. B. gegenüber C. oder S. B. nach den gesetzlichen Bestimmungen wahrscheinlich unterhaltspflichtig geworden wäre."
Darauf erwiderten die Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 15.4.2009 sinngemäß, ihnen reiche die zitierte Erklärung nicht aus, weil sie im Falle einer künftigen Bedürftigkeit finanziell wertlos sei. Zur Abgabe der von ihnen erwarteten Erklärung mit dem Zusatz, dass ein eventueller Unterhaltsanspruch nach dem durchschnittlichen Gehalt einer Chemieingenieurin bemessen werde, setzten sie der Beklagten zu 2)eine Frist bis zum 7.5.2009. Die Frist verstrich fruchtlos.
Vor dem LG haben die Kläger weiterhin den Standpunkt eingenommen, dass ihre Tochter ohne den besagten Verkehrsunfall den Beruf der Chemieingenieurin ergriffen und als Angestellte in der Industrie wenigstens ein Einkommen erzielt hätte, das dem Durchschnitt in diesem Berufsfeld entspricht. Ihre Tochter, so die Kläger, habe vor ihrem Tod die feste Absicht gehabt, nach einem entsprechenden Studium als Chemieingenieurin zu arbeiten. Unt...