Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß Art. 82 DSGVO setzt neben dem Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten den Nachweis voraus, dass der Betroffene einen Schaden, hier in Form eines immateriellen Schadens durch Ängste und Sorgen, tatsächlich erlitten hat.
Der Kläger genügt seiner Darlegungslast für die Entstehung eines immateriellen Schadens, wenn er behauptet, Unwohlsein und Sorge wegen eines möglichen Missbrauchs seiner personenbezogenen Daten verspürt zu haben.
Normenkette
DSGVO Art. 82
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Aktenzeichen 5 O 1972/22) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15. August 2023 verkündete Urteil des Landgerichts Oldenburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung hinsichtlich des Klageantrags zu 1. zurückgewiesen wurde.
Der Streitwert für die erste Instanz wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht Schadenersatz-, Feststellungs-, Unterlassungs- und Auskunftsansprüche wegen der Verletzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) durch die Beklagte aus einem sogenannten "Scraping-Vorfall" geltend. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge nimmt der Senat Bezug auf die Feststellungen des Landgerichts im angegriffenen Urteil.
Mit diesem Urteil, auf das wegen der Einzelheiten der Begründung ebenfalls verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Es liege bereits kein Verstoß der Beklagten gegen die Datenschutzgrundverordnung vor. Davon abgesehen sei es dem Kläger auch nicht gelungen, den Eintritt eines Schadens nachzuweisen. Die geltend gemachten Feststellungs- und Unterlassungsanträge seien mangels Verstoßes der Beklagten gegen die Datenschutzgrundverordnung unbegründet. Ein Auskunftsanspruch des Klägers sei schließlich durch Erfüllung erloschen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Wegen der Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Berufungsbegründung vom 16. Oktober 2023.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite immateriellen Schadensersatz in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 1.000,00 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerseite alle künftigen Schäden zu ersetzen, die der Klägerseite durch den unbefugten Zugriff Dritter auf das Datenarchiv der Beklagten, der nach Aussage der Beklagten im Jahr 2019 erfolgte, entstanden sind und/oder noch entstehen werden;
3. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter (Director) zu vollstreckender Ordnungshaft, oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter (Director) zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
a. personenbezogenen Daten der Klägerseite, namentlich Telefonnummer, DD-ID, Familiennamen, Vornamen, Geschlecht, Bundesland, Land, Stadt, Beziehungsstatus unbefugten Dritten über eine Software zum Importieren von Kontakten zugänglich zu machen, ohne die nach dem Stand der Technik möglichen Sicherheitsmaßnahmen vorzusehen, um die Ausnutzung des Systems für andere Zwecke als der Kontaktaufnahme zu verhindern;
b. die Telefonnummer der Klägerseite auf Grundlage einer Einwilligung zu verarbeiten, die wegen der unübersichtlichen und unvollständigen Informationen durch die Beklagte erlangt wurde, namentlich ohne eindeutige Informationen darüber, dass die Telefonnummer auch bei Einstellung auf "privat" noch durch Verwendung des Kontaktimporttools verwendet werden kann, wenn nicht explizit hierfür die Berechtigung verweigert und, im Falle der Nutzung der DD-Messenger App, hier ebenfalls explizit die Berechtigung verweigert wird;
4. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerseite Auskunft über die Klägerseite betreffende personenbezogene Daten, welche die Beklagte verarbeitet, zu erteilen, namentlich welche Daten durch welche Empfänger zu welchem Zeitpunkt bei der Beklagten durch Scraping oder durch Anwendung des Kontaktimporttools erlangt werden konnten;
5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 EUR zu zahlen zuzüglich Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzu...