Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlagebeschluss zur Klärung der Frage, wann die Übersendung des ein vollständiges Rubrum und einen vollständigen Tenor enthaltenden Sitzungsprotokolls durch den Tatrichter an die Staatsanwaltschaft in Bußgeldsachen als Zustellung gem. § 41 StPO anzusehen ist
Normenkette
StPO § 41
Verfahrensgang
Tenor
Die Sache wird gemäß § 121 Abs. 2 GVG - analog - dem Bundesgerichtshof zur Beantwortung folgender Frage vorgelegt:
Ist ein nachträgliches Absetzen der Urteilsgründe innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgesehenen Frist in Bußgeldsachen zulässig, wenn der zu einer zweihundertfünfzig Euro übersteigenden Geldbuße verurteilte Betroffene von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden war und in der Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten wurde, die Staatsanwaltschaft nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen hat und dieser zunächst ein durch den Richter unterzeichnetes Hauptverhandlungsprotokoll, welches alle für den Urteilskopf nach § 275 Abs. 3 StPO erforderlichen Angaben enthält, nebst eines ebenfalls durch den Richter unterzeichneten, als Anlage zum Protokoll genommenen Urteilsformulars, welches den vollständigen Tenor sowie die Auflistung der angewandten Vorschriften enthält, auf Veranlassung des Tatrichters mit der Bitte um Kenntnisnahme vom Protokoll der Hauptverhandlung sowie der Anfrage, ob auf Rechtsmittel und Begründung des Urteils verzichtet werde, zugeleitet und nachfolgend seitens des Betroffenen Rechtsbeschwerde eingelegt worden ist?
Gründe
I. Das Amtsgericht Papenburg hat gegen den Betroffenen wegen Führens eines Kraftfahrzeuges unter Einfluss von Alkohol mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr eine Geldbuße von 500,-- Euro festgesetzt sowie ihm für die Dauer eines Monats verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen.
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück, die eine Begründung des Urteils lediglich für den Fall, dass nicht auf ein Fahrverbot erkannt werde, beantragt hatte, hat an dem Termin zur Hauptverhandlung nicht teilgenommen. Der Betroffene wurde von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden und in der Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten.
Mit Verfügung vom 02.03.2012 leitete die Amtsrichterin die Akten der Staatsanwaltschaft Osnabrück mit der Bitte um Kenntnisnahme vom Protokoll der Hauptverhandlung und der Anfrage, ob auf Rechtsmittel und Begründung des Urteils verzichtet werde, zu. Zu diesem Zeitpunkt befand sich in den Akten ein durch die Richterin unterzeichnetes Hauptverhandlungsprotokoll mit vollständigem Urteilskopf. Zu diesem war als Anlage ein Urteilsformular genommen worden, welches den vollständigen Urteilstenor nebst angewandter Vorschriften enthielt und ebenfalls durch die Richterin unterzeichnet worden war. Die Staatsanwaltschaft sandte die Akten ausweislich eines Stempelvermerks nach "Kenntnisnahme und Zustellung" mit Rechtsmittelverzicht am 08.03.2012 zurück. Am selben Tage legte der Betroffene per Telefax Rechtsbeschwerde gegen das Urteil ein. Die Akten gingen am 12.03.2012 wieder beim Amtsgericht ein.
In der Folgezeit fertigte die Amtsrichterin ein mit Gründen versehenes Urteil, welches am 04.04.2012 zur Geschäftsstelle gelangte. Nach den Feststellungen dieses Urteils befuhr der Betroffene am 29.05.2011 gegen 2.43 Uhr mit einem Pkw VW, amtliches Kennzeichen ..............., die Hauptstraße in W..............., obwohl er vor Antritt der Fahrt, wie er wusste, Alkohol konsumiert hatte und deshalb, womit er hätte rechnen müssen, infolge des vorangegangenen Alkoholkonsums 0,95 Promille im Blut hatte.
Am 04.04.2012 verfügte das Amtsgericht die Übersendung der nunmehr um das mit Gründen versehene Urteil ergänzten Akten an die Staatsanwaltschaft gemäß § 41 StPO. Die Staatsanwaltschaft sandte die Akten erneut nach Kenntnisnahme und Zustellung zurück.
Dem Verteidiger des Betroffenen wurde das Urteil am 10.04.2012 zugestellt. Mit am 08.05.2012 beim Amtsgericht Papenburg eingegangenem Schriftsatz begründete der Betroffene durch seinen Verteidiger die Rechtsbeschwerde und beschränkte diese auf den Rechtsfolgenausspruch. Er rügte die Verletzung materiellen Rechts und beantragte, das Urteil des Amtsgerichts Papenburg im Rechtsfolgenausspruch zu ändern und festzustellen, dass das Fahrverbot durch die Zeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis bereits abgegolten sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg hat die Akten auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gemäß § 347 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Sie vertritt die Auffassung, das Nachschieben der Gründe stelle sich als unzulässig dar.
II. Der Senat beabsichtigt, das nachträglich mit Gründen versehene Urteil seiner auf die Sachrüge hin vorzunehmenden Prüfung zugrunde zu legen und hierauf aufbauend lediglich den Rechtsfolgenausspruch einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen.
Dieses Urteil enthält ausreichende Feststellungen zu der dem Betroffenen angelasteten Ordnun...