Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschließung des Verteidigers: Anforderungen an die Zulässigkeit des Antrags und an den hinreichenden Tatverdacht
Normenkette
StPO § 138a Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Vorlage mit dem Ziel des Ausschlusses von Rechtsanwalt ... als Verteidiger des Beschuldigten M. W. im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Rostock, Az.: 364 Js 22188/14, wegen falscher uneidlicher Aussage ist unzulässig.
2. Die Kosten des Verfahrens über den Verteidigerausschluss und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Verteidigers hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I.
Rechtsanwalt ... ist Beschuldigter im Ermittlungsverfahren 363 Js 22394/14 der Staatsanwaltschaft Rostock wegen des Verdachts der Anstiftung bzw. der Beihilfe zur falschen uneidlichen Aussage, begangen durch den vom ihm als Zeugenbeistand beratenen M. W..
Letzterer soll als Zeuge im Strafverfahren gegen den Angeklagten H. L. vor dem Landgericht Rostock - 18 Kls 69/13 - am 16.09.2014 wahrheitswidrig ausgesagt haben, mit der Bearbeitung des Kreditengagements der O. (...) bzw. des Bankenkonsortiums unter Führung der N. zur Finanzierung des vom Angeklagten L. entwickelten und realisierten Projekts "..." nur am Rande und in seiner Funktion als Abteilungsleiter der O. für den Fachbereich Kundenberatung Firmenkunden zu tun gehabt zu haben und deswegen über zahlreiche Einzelheiten dieses Kreditgeschäfts nicht Bescheid zu wissen bzw. sich an Details nicht mehr erinnern zu können, während er zur Überzeugung der Staatsanwaltschaft tatsächlich umfassend und zentral - auch als Sachbearbeiter - in die Bearbeitung und Koordinierung dieses Kreditengagements eingebunden war.
Gegen den Zeugen W. wird deshalb von der Staatsanwaltschaft Rostock wegen des Verdachts der falschen unendlichen Aussage ermittelt (364 Js 22188/14). In diesem Verfahren tritt Rechtsanwalt ... nun als sein Wahlverteidiger auf.
Zur Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat der Verteidiger in seiner damaligen Funktion als Beistand den Zeugen W. bei einer am 15.09.2014 durchgeführten Vorbesprechung anhand stenografischer Mitschriften und anderer Aktenbestandteile, die er sich von einem anderen Sozius der Kanzlei beschafft habe, über den bisherigen Verlauf der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten L. informiert und ihm in Sonderheit Kenntnis von den Angaben der dort zuvor vernommenen Zeugen verschafft, um W. auf seine eigene Aussage vor Gericht am Folgetag vorzubereiten und um Widersprüche zu Aussagen anderer Zeugen aus dem Bereich der O. zu vermeiden.
Die Staatsanwaltschaft wertet dieses Verhalten von Rechtsanwalt ... als Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage und, weil der Rechtsanwalt dem Zeugen während dessen Vernehmung auch im Gericht beratend und unterstützend zur Seite stand, in dieser Phase auch als - psychische - Beihilfe zu der von dem Zeugen begangenen falschen uneidlichen Aussage.
Auf diesen Sachverhalt gründet sich der Antrag der Staatsanwaltschaft vom 13.03.2015 auf Ausschließung von Rechtsanwalt ... als Verteidiger des Beschuldigten W. im Verfahren 364 Js 22188/14 StA Rostock gemäß § 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Antrag der Staatsanwaltschaft Rostock mit Schriftsatz vom 26.03.2015 beigetreten.
II.
Der Ausschließungsantrag ist unzulässig.
1.
Die Vorlage genügt in mehrfacher Hinsicht nicht den Anforderungen, die an die Zulässigkeit eines auf Ausschließung des Verteidigers aus dem Verfahren gerichteten Antrags gemäß den §§ 138a ff. StPO zu stellen sind.
Voraussetzung für den von der Staatsanwaltschaft geltend gemachten Ausschlussgrund des § 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO ist, dass Rechtsanwalt ... dringend oder jedenfalls in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn rechtfertigenden Grade (= hinreichend im Sinne von § 203 StPO) verdächtig ist, an der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung gegen seinen Mandanten W. bildet, beteiligt gewesen zu sein.
Für den Antrag gelten nach einhelliger Auffassung die von der Rechtsprechung für das Klageerzwingungsverfahren aufgestellten strengen Voraussetzungen (Senatsbeschluss vom 27.06.2000, - I Ws 209/01, juris; vgl. auch grundlegend schon OLG Karlsruhe NJW 1975, 943, 944 und OLG Düsseldorf StV 1983, 117 sowie OLG Hamm, Beschl. v. 19.10.1998 - 2 Ws 481/98, NStZ-RR 1999, 50; aus neuerer Zeit: OLG Celle, Beschl. v. 28.10.2014, - 2 Ws 84/14, StraFo 2015, 21 jeweils m.w.N.; Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl., § 138c Rn. 9 m.w.N.). Damit das Ausschließungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt werden kann, muss der Antrag deshalb mindestens die Tatsachen enthalten, aus denen sich im Falle ihres Nachweises das den Ausschluss des Verteidigers rechtfertigende Fehlverhalten im Sinne des § 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO ergibt. Auch sind die Beweismittel in der Antragsschrift anzugeben. Sowohl die Tatsachen wie auch die Beweismittel müssen sich schlüssig allein aus der Begründung des Vorlageantrags ergeben (§ 172 Abs. 3 Satz 1 StPO entsprechend). Es obliegt nicht dem für das Ausschließungsverfahren zuständigen Oberlandesgericht, selbst...