Leitsatz (amtlich)
Die wirksame Abänderung eines Unterhaltstitels in Form einer Jugendamtsurkunde mag nicht im Wege der Erstellung einer neuen solchen Urkunde, sondern nur im Rahmen eines gerichtlichen Abänderungsverfahrens möglich sein; bei einer dennoch erstellten "Abänderungsurkunde" handelt es sich aber zumindest um einen für sich genommen ebenfalls vollstreckbaren Titel.
Normenkette
FamFG § 239 Abs. 1; SGB 7 § 60 S. 1; SGB 8 § 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; SGB 8 § 60 S. 1
Verfahrensgang
AG Güstrow (Beschluss vom 16.02.2016; Aktenzeichen 76 F 764/15) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners und Beschwerdeführers gegen den Beschluss des AG Güstrow - Familiengericht - vom 16.02.2016 wird als unzulässig verworfen.
II. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 9.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist ein Vollstreckungsgegenantrag bezüglich der Zwangsvollstreckung aus einer Jugendamtsurkunde über die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt.
Der Antragsteller ist der Vater des am.. 2004 geborenen Kindes A. S. B.. Er hatte sich insoweit im Rahmen einer Urkunde des Landkreises B. D. vom 31.01.2006 zu der Beurkundungsregisternummer .../2006 verpflichtet, Kindesunterhalt in Höhe von 100 % nach § 1612a Abs. 1 BGB zu zahlen. In Folge einer entsprechenden Einigung mit der Kindesmutter ließ der Antragsteller wegen einer in diesem Umfang nicht bestehenden Leistungsfähigkeit am 21.05.2010 zu der Beurkundungsregisternummer .../2010 des Jugendamtes der Universitäts- und Hansestadt G. eine "Urkunde über die Abänderung eines Unterhaltstitels" erstellen, nach welcher er verbunden mit einer Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung ab dem Monat April 2010 nur noch zur Zahlung eines statischen monatlichen Unterhaltes in Höhe von 154,00 Euro verpflichtet war. Der Antragsteller leistete den solchermaßen beurkundeten Betrag in der Zeit von Mai 2010 bis März 2014; von Mai bis Dezember 2014 zahlte er zunächst monatlich nur 27,00 Euro, erbrachte sodann aber im September 2015 noch einen Betrag in Höhe von 801,00 Euro für den Zeitraum von April bis Dezember 2014.
Der Antragsgegner leistete von April 2010 bis Dezember 2014 monatlichen Unterhaltsvorschuss für das Kind in Höhe von 180,00 Euro. Er teilte dem Antragsteller im Hinblick auf einen damit einhergegangenen Anspruchsübergang mit Schreiben vom 11.11.2014 ausgehend von der Jugendamtsurkunde vom 21.05.2010 einen Zahlungsrückstand für die Zeit von Mai 2010 bis November 2014 in Höhe von 1.043,00 Euro mit. Der Antragsgegner ließ sich im weiteren Verlauf mit Datum vom 12.08.2015 im Wege einer Rechtsnachfolgeklausel eine vollstreckbare Teilausfertigung dieses Unterhaltstitels über 8.624,00 Euro für die Zeit von Mai 2010 bis Dezember 2014 erteilen, die dem Antragsteller am 19.08.2015 zugestellt wurde; letzterer hatte in dem Klauselerteilungsverfahren vorgebracht, dass die vollstreckbare Ausfertigung nur erteilt werden dürfe, wenn die Höhe des noch bestehenden Anspruches nachgewiesen worden sei.
Der Antragsteller hat daraufhin eine Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der dem Antragsgegner erteilten vollstreckbaren Teilausfertigung und deren Herausgabe gerichtlich geltend gemacht. Er hat behauptet, er habe für den Monat April 2014 ebenfalls einen Unterhaltsbetrag in Höhe von 154,00 Euro geleistet. Der Antragsteller war der Auffassung, eine Jugendamtsurkunde könne nicht durch eine neue derartige Urkunde, sondern nur in einem gerichtlichen Abänderungsverfahrens abgeändert werden; bei der Jugendamtsurkunde vom 21.05.2010 handele es sich daher um eine Nichturkunde, aus der deshalb auch keine Zwangsvollstreckung zulässig sei. Darüber hinaus seien die bestehenden Forderungen erfüllt, soweit für die Zeit ab Mai 2014 noch eine Abänderung der beurkundeten Unterhaltsverpflichtung in einem gesonderten Verfahren angestrebt werde.
Der Antragsgegner hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er hat behauptet, der Antragsteller habe bereits für den Monat April 2014 zunächst nur 27,00 Euro gezahlt. Der Antragsgegner hat geltend gemacht, eine über einen bestehenden Unterhaltsrückstand von 342,00 Euro hinausgehende Vollstreckung sei nie beabsichtigt und dem Antragsteller nie mitgeteilt worden. Die vollstreckbare Teilausfertigung über die höhere Forderung sei beantragt worden, um den Antragsteller vor einer parallelen Inanspruchnahme durch das Kind zu schützen.
Das AG hat die Zwangsvollstreckung aus der dem Antragsgegner erteilten vollstreckbaren Teilausfertigung des Unterhaltstitels für unzulässig erklärt und letzteren unter Auferlegung der Kosten des Verfahrens zu deren Herausgabe an den Antragsteller verpflichtet. Das AG hat hierzu unter anderem ausgeführt, dass es sich hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit einer Abänderbarkeit einer Jugendamtsurkunde außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens der Rechtsmeinung des Antragstellers anschließe.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der...