Leitsatz (amtlich)
Klagebefugnis eines Verbandes gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
Normenkette
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 15.09.2020; Aktenzeichen 6 HK O 8/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 15.09.2020, Az.: 6 HK O 8/20, gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Das Landgericht hat die Klagebefugnis (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) zurecht verneint.
1. Soweit die Berufung eingangs rügt, die landgerichtliche Entscheidung sei überraschend erfolgt, weil im Termin zur mündlichen Verhandlung eine Beweisaufnahme zu Fragen der Begründetheit erfolgt und vor diesem Hintergrund mit einem klageabweisenden Prozessurteil nicht zu rechnen gewesen sei - mit Blick auf § 139 Abs. 3 ZPO potentiell ein Verfahrensmangel (§ 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO) -, kann dies letztlich auf sich beruhen, weil auch dasjenige, was der Kläger im Berufungsrechtszug zu den Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG vorgetragen hat, eine Bejahung der Klagebefugnis nicht zulässt.
Der Senat stellt gleichwohl klar, dass aus seiner Sicht das landgerichtliche Urteil auch hinsichtlich seines prozeduralen Zustandekommens keinen durchgreifenden Bedenken begegnet. Bereits mit Verfügung vom 13.05.2020 (Band I Blatt 51 f. d.A.) hatte die Kammer nicht nur den Zeugen ... prozessleitend geladen, sondern auch darauf hingewiesen, dass der Kläger zum Vorhandensein einer erheblichen Zahl an Mitgliedern auf demselben räumlichen Markt nicht ausreichend vorgetragen habe. Der Kläger hatte hierzu mit Schriftsatz vom 15.06.2020 (Band I Blatt 58 f. d.A.) Stellung genommen, worauf die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.07.2020 (Band I Blatt 60 ff. d.A.) erwidert hatte. Dass das Gericht vor diesem Hintergrund zu Beginn des Termins vom 18.08.2020 vor Eintritt in die Beweisaufnahme im Sinne einer vorläufigen Einschätzung signalisiert haben mag, die Bedenken hinsichtlich der Klagebefugnis seien womöglich ausgeräumt, hat keine Verpflichtung begründet, vor Erlass eines klageabweisenden Prozessurteils die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 156 ZPO). Anders läge dies ggf. nur, wenn das Gericht den Eindruck einer endgültig gegenteiligen Festlegung vermittelt und hierdurch z. B. naheliegendes ergänzendes Vorbringen oder Beweisantritte, die anderenfalls absehbar unternommen worden wären, vereitelt hätte. Dafür aber ist hier nichts zu ersehen.
2. Ein Widerspruch zu der rechtlichen Einschätzung des Landgerichts aus dem Beschluss vom 26.06.2018 - Az.: 6 HK O 54/18 -, wie der Kläger ihn reklamiert, ergibt sich (auch) für den Senat nicht. In der genannten Sache ging es um (Begründetheits-)Fragen im Rahmen des § 3a UWG, nicht um die Klagebefugnis. Hierauf hat das Landgericht bereits in dem angefochtenen Urteil abschließend verwiesen (UA Seite 6). Entsprechendes gilt für das in der Berufungsbegründung mit "OLG Saarbrücken, GRUR-Prax 2018, 248" zitierte Urteil - gemeint ist offenbar OLG Saarbrücken, Urteil vom 07.03.2018, Az.: 1 U 17/17, GRUR 2018, 742 - aus der obergerichtlichen Rechtsprechung; in dem genannten Urteil ist insbesondere kein Bezug zwischen dem Gedanken der Suchtprävention und dem Aspekt der Klagebefugnis hergestellt worden.
3. Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, der Kläger verfüge nicht über eine ausreichende - erhebliche - Zahl an Mitgliedern auf demselben räumlichen Markt.
a) Im Ausgangspunkt kann hier nach ganz überwiegender Auffassung kein schematischer Betrachtungswinkel angelegt werden. Wie das Landgericht bereits zutreffend unter Fundstellenangabe hervorgehoben hat (UA Seite 5), kommt es insbesondere nicht darauf an, ob die Mitglieder des Klägers nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zur Gesamtheit der auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind. Weder absolute noch relative Zahlen geben für sich genommen bzw. allein den Ausschlag; eine bestimmte Mindestzahl lässt sich abstrakt auch nicht bestimmen. Entscheidend ist letztlich nur, dass (noch) von einer kollektiven Interessenwahrnehmung auszugehen ist und die missbräuchliche Verfolgung von Individualinteressen im formalen Gewand der Verbandsklage ausgeschlossen werden kann (BGH, Urteil vom 16.11.2006 - I ZR 218/03, GRUR 2007, 610 [Juris; Tz. 18]; BGH, Urteil vom 07.05.2015 - I ZR 158/14, GRUR 2015, 1240 [Juris; Tz. 13 f.]; Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 04. Aufl. 2016, § 8 Rn. 311; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 8 Rn. 3.45, m.w.N.). Je nach L...