Verfahrensgang
AG Güstrow (Entscheidung vom 24.08.2021; Aktenzeichen 447 Js 540/21 OWi - 971 OWi 40/21) |
Tenor
1. Die Sache wird zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden übertragen (§ 80a Abs. 3 OWiG).
2. Auf den Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts wird der Beschluss des Amtsgerichts Güstrow vom 08.12.2021 aufgehoben.
3. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Güstrow vom 24.08.2021 im Schuldspruch und im Ausspruch über die Geldbuße dahingehend abgeändert, dass der Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 320,00 € verurteilt ist.
4. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unbegründet verworfen.
5. Der Betroffene trägt die Kosten seines Rechtsmittels; jedoch werden die Gerichtsgebühren der Rechtsbeschwerde um ein Drittel ermäßigt. Im selben Umfang werden die dem Betroffenen durch sein Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Das Amtsgericht Güstrow verurteilte den Betroffenen mit dem im Tenor bezeichneten Urteil wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 480,00 €. Zudem ordnete es als weitere Rechtsfolge ein Fahrverbot gegen den Betroffenen von einem Monat an. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Rechtsbeschwerde, mit der der Betroffene bereits in der Beschwerdeschrift vom 31.08.2021 die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt hat, hat das Amtsgericht mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss als unzulässig verworfen (§ 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 346 Abs. 1 StPO). Daraufhin hat der Betroffene binnen einer Woche auf Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angetragen (§ 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 346 Abs. 2 S. 1 StPO). Dieser Antrag hat Erfolg. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen erzielt auf die Sachrüge hin den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
I.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist statthaft (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) und auch im Übrigen mit der Erhebung der allgemeinen Sachrüge in zulässiger Weise eingelegt. Dass der Betroffene über die Beschwerdeschrift hinaus sein Rechtsmittel nicht weiter begründet hat, steht seiner Zulässigkeit nicht entgegen, weshalb der Beschluss des Amtsgerichts vom 08.12.2021 zu Unrecht erging und aufzuheben war.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet.
Keinen Erfolg erzielt das Rechtsmittel allerdings mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts, da diese Rüge nicht weiter ausgeführt ist und somit nicht den Anforderungen von § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entspricht.
Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge deckt zum Schuldspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf. Das Amtsgericht hat gegen ein von Amts wegen vom Rechtsbeschwerdegericht zu beachtendes Befassungsverbot verstoßen. Bereits vor dem Urteil des Amtsgerichts stand fest, dass der Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit schuldig ist.
Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Der Landkreis Rostock erließ gegen den Betroffenen am 23.11.2020 wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften am 17.08.2020 um 31 km/h nach Toleranzabzug einen Bußgeldbescheid, der eine Geldbuße von 190,00 € sowie ein Fahrverbot von einem Monat vorsah. Dabei stützte sich die Bußgeldstelle auf §§ 3 Abs. 3, 49 StVO und §§ 24, 25 StVG sowie Nr. 11.3.6 des am Tattag gültigen Bußgeldkatalogs i. V. m. § 4 Abs. 1 BKatV und führte zur Begründung der Höhe der Geldbuße aus, dass der im Tatbestandskatalog vorgesehene Regelsatz wegen drei zu berücksichtigender Eintragungen im Fahreignungsregister um 30,00 € erhöht wurde. Gegen diesen Bescheid hat der Betroffene fristgemäß Einspruch eingelegt, so dass es zum amtsgerichtlichen Verfahren kam. Mit gerichtlichem Schreiben vom 15.04.2021 an den Verteidiger des Betroffenen wurde dieser u. a. darauf hingewiesen, dass im Fall des Tatnachweises angesichts der erheblichen relativen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in Betracht komme. In der Hauptverhandlung am 24.08.2021, für die der Betroffene zuvor von seiner Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden worden war, ließ er sich durch einen in Untervollmacht für seinen Verteidiger auftretenden Rechtsanwalt vertreten. Diese Vertretung umfasste vermittelt über die Vertretungsbefugnis seines Verteidigers auch die ausdrückliche Ermächtigung, den Einspruch auf bestimmte Beschwerdepunkte zu beschränken. Nachdem das Gericht in der Hauptverhandlung seinen rechtlichen Hinweis aus dem Schreiben vom 15.04.2021 bezüglich einer möglichen Vorsatzverurteilung wiederholt hatte, erklärte der Unterbevollmächtige: "Ich beschränke den Einspruch auf die Rechtsf...