Verfahrensgang
LG Rostock (Entscheidung vom 02.05.2011; Aktenzeichen 18 KLs 14/10) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die der Beschwerdeführerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung für ihre Tätigkeit im Adhäsionsverfahren wird auf 474,81 € (vierhundertvierundsiebzig 81/100 Euro) festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wurde dem inhaftierten Beschuldigten im Ermittlungsverfahren mit Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 27.07.2010 als Pflichtverteidigerin beigeordnet. Nachdem der Nebenklagevertreter in der eintägigen Hauptverhandlung vom 08.02.2011 einen auf die Zahlung von Schmerzensgeld gerichteten Adhäsionsantrag gestellt hatte, beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 404 Abs. 5 StPO für das Adhäsionsverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für den Angeklagten unter ihrer Beiordnung. Bevor hierüber entschieden worden war, nahm die Verteidigerin (nur) den auf die Gewährung von PKH gerichteten Antrag zurück, hielt jedoch ihren Beiordnungsantrag für das Adhäsionsverfahren aufrecht. Diesen wies die Kammer mit Beschluss vom 08.02.2011 mit der Begründung zurück, nachdem der PKH-Antrag zurückgenommen worden sei, sei für eine Beiordnung im Hinblick auf das Adhäsionsverfahren kein Raum mehr. Die Beiordnung für das Adhäsionsverfahren sei notwendigerweise an die Bewilligung von PKH geknüpft.
Nachfolgend kam es zum Abschluss eines protokollierten Vergleichs, in dem der Angeklagte sich zur ratenweisen Zahlung von 1.975,00 Euro an die Nebenklägerin und zur Übernahme der Kosten für das Adhäsionsverfahren einschließlich des Vergleichs verpflichtete. Der Wert der Einigungsgebühr wurde von der Kammer im Einvernehmen mit den Parteien auf 2.000,00 € festgesetzt. Mit sofort rechtskräftig gewordenem Urteil verhängte das Landgericht sodann gegen den Angeklagten wegen versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren.
Mit Schriftsatz vom 01.03.2011 beantragte die Beschwerdeführerin neben den Pflichtverteidigergebühren für ihre Tätigkeit im Adhäsionsverfahren nach einem Gegenstandswert von 2.000,00 € die Verfahrensgebühr gem. Nr. 4143 VV RVG (266,00 €), sowie die Einigungsgebühr gem. Nr. 1003 VV RVG (133,00 €) zzgl. der darauf entfallenden Umsatzsteuer in Höhe von 75,81 €. Dieser Teil der Gebührenforderung wurde von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts mit Beschluss vom 07.03.2011 mit der Begründung abgesetzt, eine Beiordnung der Rechtsanwältin für das Adhäsionsverfahren sei nicht erfolgt; ihre diesbezügliche Tätigkeit sei auch nicht von der Beiordnung als Pflichtverteidigerin umfasst gewesen.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Verteidigerin vom 23.03.2011, der von der Rechtspflegerin unter dem 20.04.2011 nicht abgeholfen wurde, wies die Strafkammer in Einzelrichterbesetzung mit Beschluss vom 02.05.2011 als unbegründet zurück. Gegen diese ihr am 09.05.2011 förmlich zugestellte Entscheidung wendet sich die Rechtsanwältin mit ihrer am 11.05.2011 beim Landgericht eingegangenen Beschwerde.
Die Vertreterin der Staatskasse hat die Zurückweisung des Rechtsmittels als unbegründet beantragt.
II. Die statthafte und zulässige Beschwerde hat Erfolg.
Zwar ist die Beschwerdeführerin dem ehemals Angeklagten nicht gem. § 404 Abs. 5 StPO unter Gewährung von PKH für das Adhäsionsverfahren beigeordnet worden. Ihre diesbezügliche Tätigkeit war jedoch entgegen der vom Landgericht und von der Vertreterin der Staatskasse vertretenen Auffassung von ihrer Beiordnung als Pflichtverteidigerin mitumfasst.
Es ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, ob die Verteidigerbestellung nach §§ 140 ff. StPO ohne weiteres das Adhäsionsverfahren umfasst (bejahend OLG Dresden, Beschluss vom 13. Juni 2007, 1 Ws 155/06 [zitiert nach juris]; OLG Hamm in Rpfleger 2001, 513; OLG Köln in StraFo 2005, 394; OLG Schleswig in NStZ 1998, 101; Laufhütte in KK-StPO, 6. Aufl., § 140 Rdn. 4; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 140 Rdn. 5; Wohlers in SK-StPO, § 141 Rdn. 20; Julius in HK-StPO, 4. Aufl., § 141 Rdn. 15; Lüderssen/Jahn in LR-StPO, 26. Aufl., § 141 Rdz. 28; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., Nr. 4143 VV Rdn. 12; Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., VV 4143, 4144 Rdn. 5; vgl. auch HansOLG Hamburg, 1. Strafsenat, in NStZ-RR 2006, 347, 349 für den Fall, dass ein Antrag nach § 404 Abs. 5 StPO auf gesonderte Beiordnung nicht gestellt wird oder wegen Fehlens der besonderen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht gestellt werden kann; demgegenüber verneinend OLG Bamberg in NStZ-RR 2009, 114 -Leitsatz-; OLG Brandenburg in OLGSt StPO § 140 Nr. 24; OLG Celle in NStZ-RR 2008, 190; HansOLG Hamburg, 3. Strafsenat in NStZ 2010, 652; HansOLG Hamburg, 2. Strafsenat in OLGSt StPO § 141 Nr. 8; OLG München in StV 2004, 38; OLG Jena in Rpfleger 2008, 529; OLG Oldenburg, Beschluss vom 22. April 2010, 1 Ws 178/10 [zitiert nach juris]; OLG Saarbrücken in StV 2...