Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Stufenklage, in der Leistungs- und Vorbereitungsansprüche zusammentreffen, ist der Gebührenstreitwert nach dem höchsten Anspruch, also dem Leistungsanspruch zu bestimmen. Maßgeblich für die Bemessung des Wertes des Leistungsbegehrens sind die zu Beginn des Rechtsstreits vom Kläger geäußerten Erwartungen; durch eine spätere Verringerung ermäßigt sich der Streitwert nicht, wohl aber sind die geäußerten Erwartungen der Berichtigung zugänglich.

2. Die bei Klageeinreichung bestehende Erwartung des Klägers bleibt so lange wertbestimmend, bis er seinen Leistungsantrag beziffert. Lediglich die mit oder nach der Bezifferung entstehenden Gebühren sind nach dem veränderten Streitwert zu berechnen.

 

Verfahrensgang

LG Stralsund (Beschluss vom 16.08.2007; Aktenzeichen 6 O 554/04)

 

Tenor

I. Auf die Streitwertbeschwerde der Klägerin vom 4.9.2007 gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des LG Stralsund vom 16.8.2007 (Az.: 6 O 554/04), in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 20.9.2007, wird der Streitwert - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - geändert und wie folgt festgesetzt:

ab Klageerhebung bis zum 30.12.2006: 135.250,34 EUR

ab dem 31.12.2006: 166.174,01 EUR

II. Die Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg.

a) Zwar hat das LG mit grundsätzlich zutreffenden Gründen (wie im Nichtabhilfebeschluss dargelegt), auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, den Streitwert für die Stufenklage gem. § 44 GKG mit 175.000 EUR, nämlich dem Wert, den die Klägerin nach ihren Vorstellungen zu Beginn des Rechtsstreits für den Leistungsantrag zugrunde gelegt hat, bestimmt. Es entspricht der herrschenden Meinung in Rspr. und Lit., der auch der Senat folgt, dass der Gebührenstreitwert einer Stufenklage, in der - wie vorliegend - Leistungs- und Vorbereitungsansprüche zusammentreffen, nach § 44 GKG mit dem höchsten Anspruch zu bemessen ist, der immer der Leistungsanspruch sein wird (vgl. hier nur Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Rz. 16 Stichwort: "Stufenklage" m.w.N.). Maßgeblich wiederum für die Bewertung des Leistungsbegehrens sind die vom Kläger geäußerten Erwartungen zu Beginn des Rechtsstreits (vgl. jetzt auch § 40 GKG); durch eine spätere Verringerung der Bezifferung oder Verurteilung ermäßigt sich der Streitwert nicht (vgl. Zöller/Herget, a.a.O.; Thomas/Putzo/Hüsstege, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rz. 141; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 44 GKG Rz. 4; § 48 GKG Anhang I: § 3 ZPO Rz. 108; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Stichwort: "Stufenklage" Rz. 5111; OLG Frankfurt, FamRZ 1991, 1458; OLG Bamberg, JurBüro 1994, 114; OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 609; OLG Nürnberg, FamRZ 2004, 962; KG, JurBüro 2006, 604; OLG Brandenburg, FamRZ 2007, 71; KG FamRZ 2007, 69; a.A. KG NJW-RR 1998, 1615: nach den Erkenntnissen am Ende des Rechtsstreits).

b) Auch wenn die Klägerin ihre dahingehenden Vorstellungen wertmäßig selbst mit 175.000 EUR beziffert hat, so ist ihr doch zuzugeben, wie sie in ihrer Beschwerde vorbringt, dass sie sogleich im Anschluss an die Klageschrift, noch bevor die Klage vom 27.9.2004 an die Beklagte zugestellt war, was erst am 28.10.2004 geschah, den Streitwert nur noch i.H.v. 135.250,34 EUR hat ansetzen wollen. Zur Begründung hat die Klägerin angeführt, dass ihr bei der Berechnung zur vorläufigen Schadensersatzforderung (in der Klageschrift) ein Rechenfehler unterlaufen sei, indem sie den Betrag mit 220.405,14 EUR, statt richtig 145.250,34 EUR, ausgewiesen habe. Unter Berücksichtigung von Seitens der Beklagten bereits geleisteten 10.000 EUR sei deshalb der Streitwert vorläufig auf 135.250,34 EUR festzusetzen.

Diese Auffassung trägt. Denn anders als bei dem Klageantrag, der grundsätzlich hinreichend bestimmt und beziffert sein muss (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 253 Rz. 13), und der als Prozesshandlung (vgl. allgemein Zöller/Greger, a.a.O., § 253 Rz. 1; Vor § 128 Rz. 14) einer Berichtigung, die sich - hier - auf den Streitwert auswirken soll, nicht ohne weiteres zugänglich ist, sondern nur dann, solange noch keine durch die Erwirkungshandlung geschützte Position des Gegners entstanden ist (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Vor § 128 Rz. 21 u. 23), darf der prozessuale Vortrag der Partei jederzeit berichtigt werden; die Partei kann hierzu ob ihrer Verpflichtung zur Wahrheit (§ 138 Abs. 1 ZPO) sogar gehalten sein. Um eine solche reine Berichtigung des Tatsachenvortrags handelt es sich jedoch vorliegend. Denn den Schaden selbst hat die Klägerin mit ihrer Stufenklage - auf Auskunft und anschließende Leistung - noch gar nicht konkret beziffert, weil sie sich dazu vorerst nicht in der Lage gesehen hat; stattdessen hat sie auf ihre vorläufige Schadensberechnung verwiesen, die sie alsdann jedoch von sich aus korrigiert hat. Diese berichtigten Vorstellungen der Klägerin über den Wert ihres Leistungsbegehrens sind deshalb auch zur Grundlage für die Streitwertbeme...

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