Leitsatz (amtlich)

Die Verwahrung, Verwertung und Vernichtung der beweglichen Gegenstände des Mieters, die im Falle der vereinfachten Herausgabevollstreckung dem Vermieter als Gläubiger obliegt, ist nicht Teil, sondern Folge der Räumungsvollstreckung. Der Räumungstitel ist daher mit der Inbesitzsetzung des Vermieters verbraucht.

 

Normenkette

ZPO §§ 707, 719, 885, 885a

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Aktenzeichen 5 O 36/13)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten, ihm vorläufigen Vollstreckungsschutz zu gewähren, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Gemäß § 719 Abs. 1 Satz 1 ZPO findet § 707 ZPO Anwendung, wenn gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil Berufung eingelegt worden ist. Gemäß § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Vollstreckung einstweilen ohne oder gegen Sicherheitsleistung einstellen oder anordnen, dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf und Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben sind. Schon seinem Sinn und Zweck nach findet § 707 ZPO zeitlich nur bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung Anwendung (Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 707 Rz. 5). Ist die Vollstreckung beendet, kann sie weder eingestellt noch fortgesetzt werden.

Die zeitliche Anwendungsvoraussetzung der noch nicht beendeten Zwangsvollstreckung ist vorliegend nicht mehr gegeben. Der Kläger hat am 15.8.2013 durch den Gerichtsvollzieher den Beklagten außer Besitz und sich in Besitz setzen lassen. Die beweglichen Sachen des Beklagten, die von der Vollstreckung nicht erfasst waren, sind dabei offenbar in den Mieträumen verblieben. Dies ergibt sich aus dem zur Akte gereichten Schreiben der Rechtsanwälte des Klägers an die Rechtsanwälte des Beklagten vom 24.9.2013, in dem der Beklagte aufgefordert wird, die ihm gehörenden Gegenstände aus den betroffenen Räumlichkeiten zu entfernen, da der Kläger sie ansonsten entsorgen werde. Der Kläger hat somit das Modell der sog. Berliner Räumung gewählt, die seit dem 1.5.2013 in § 885a ZPO ihre gesetzliche Grundlage findet. Im Falle der Berliner Räumung beschränkt sich der Vollstreckungsauftrag auf die Herausgabevollstreckung (§§ 885 Abs. 1, 885a Abs. 1 ZPO). Hat der Gerichtsvollzieher den Gläubiger in Besitz gesetzt und das Protokoll gem. § 885a Abs. 2 ZPO gefertigt, ist die Vollstreckung beendet. Die Verwahrung, Verwertung und Vernichtung der beweglichen Gegenstände des Mieters, die im Falle der vereinfachten Herausgabevollstreckung dem Vermieter als Gläubiger obliegt, ist nicht Teil, sondern Folge der Räumungsvollstreckung (Zöller/Stöber, a.a.O., § 885 Rz. 29). Mit der Herausgabevollstreckung ist somit der Räumungstitel verbraucht und weitere Räumungsmaßnahmen finden nicht statt (Horst, DWW 2013, 122; zur früheren Berliner Räumung auch Both, GE 2007, 192). Bereits für die Berliner Räumung galt, dass der Gläubiger bei einem späteren Verzicht auf sein Vermieterpfandrecht deshalb vom Gerichtsvollzieher nicht mehr verlangen konnte, dass dieser die beweglichen Sachen des Räumungsschuldners aus den Räumen schafft (Zöller/Stöber, a.a.O., § 885 Rz. 20).

Da aufgrund der beendeten Vollstreckung ein einstweiliger Vollstreckungsschutz nicht mehr in Betracht kommt, bleibt dem Beklagten allein der Weg, mögliche materiell-rechtlicher Ansprüche auf anderem prozessualem Wege durchzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 8387206

WuM 2015, 568

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